: Wieder bei den Besten
Skirennläuferin Maria Riesch überwindet ihre Blockade und beweist in St. Moritz mit einem dritten und einem fünften Platz, dass ihr in den Speed-Disziplinen die Rückkehr in die Weltspitze gelungen ist
AUS ST. MORITZ ELISABETH SCHLAMMERL
Es gab noch einiges zu klären für Maria Riesch, ehe sie ihren Lieblings-Weltcup-Ort verließ. Die Sache mit den Hundertstelsekunden zum Beispiel. Bei der Abfahrt am Samstag in St. Moritz war die deutsche Skirennläuferin noch ganz knapp vor Renate Götschl auf dem dritten Platz gelandet. Die Österreicherin haderte zunächst ein wenig damit – und drehte einen Tag später beim Super-G den Spieß um. Sie wurde Dritte – und Maria Riesch musste sich mit nur zwei Hundertstelsekunden Rückstand gar mit Rang fünf begnügen. Und am Sonntag ärgerte sich eben die 23-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen ein bisschen über den verpassten Podestplatz. Es folgte ein kurzes, aber doch sehr herzliches Gespräch zwischen den beiden Konkurrentinnen. Und Maria Riesch stellte am Ende fest: „Natürlich hat mir heute das nötige Glück gefehlt. Aber man sollte auch einen fünften Platz zu schätzen wissen. Man kann ja nicht immer ganz vorne sein.“
Maria Riesch ist ohnehin schon ein Stückchen weiter, als sie sich zusammen mit den Trainer vorgenommen hatte im ersten Saisondrittel. Sie war mit dem Ziel in den Winter gestartet, sich in den schnellen Disziplinen zunächst unter den Topten zu etablieren, nun ist sie – mit Ausnahme der fragwürdigen Abfahrt von Aspen – bisher nie schlechter als Fünfte gewesen. Sie gehört nun wieder zu den Besten. Bei der Abfahrt, die wie einen Tag später auch den Super-G die Schwedin die Schwedin Anja Pärson gewann, war die Elite unter sich geblieben. „Sie ist zurück in der ersten Liga“, sagt der deutsche Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold und wird deshalb nach den Rennen in St. Anton mit seiner Vorfahrerin die Saisonziele neu definieren. Die Blockade, die Maria Riesch in der ersten Saison nach zwei Kreuzbandrissen noch gehemmt hatte, ist weg oder fast weg. In Aspen, als kurz vor ihrem Start die Österreicherin Alexandra Meißnitzer schwer stürzte, die Sicht und noch mehr die Pistenbedingungen irregulär waren, gibt sie zu, sei sie „noch nicht cool genug“ gewesen.“
Geholfen hat ihr in diesem Winter bisher, dass vier der fünf Speedrennen auf Pisten stattfinden, mit denen sie immer schon ganz gut zurechtgekommen ist. In Lake Louise, wo sie vor zwei Wochen Zweite und Vierte geworden war, hatte sie vor einem Jahr ihren ersten Sieg nach fast zweijähriger Wettkampfpause geschafft. Und in St. Moritz hatte es für Maria Riesch bisher im Weltcup immer etwas zu feiern gegeben. Viermal ist sie hier gestartet, dreimal auf dem Podium gelandet und am Sonntag die Top drei knapp verpasst. „Es ist schön, wenn man einen Ort hat, wo man immer vorne dabei ist. Das ist gut für den Kopf.“
Aber es gibt Indizien dafür, dass es nun auch auf anderen, ihr nicht so vertrauten Pisten klappen könnte mit Spitzenresultaten. Maria Riesch sieht im Moment keinen großen Unterschied mehr zum Beginn ihrer Karriere. „Es ist wieder so, wie es früher war“, stellte sie fest. Fast so. Das Gefühl für den Schnee, für den Ski, für das Tempo ist nach einem Jahr der Konsolidierung zurück. Aber aus der unbekümmerten Maria Riesch, die einst lieber zu viel riskierte als zu wenig und deshalb manchmal aus der Spur geriet, ist eine reife Skirennläuferin geworden, die auch gut mit der Rolle der Teamleaderin zurechtkommt. „Sie genießt es eher, das der Fokus auf ihr liegt, als dass es das belastet“, sagt Berthold. Aber die Ansprüche, auch die eigenen, steigen nun wieder. Aber nicht nur in Super-G und Abfahrt. Auch im Slalom hat sie sich mit den Plätzen neun, zehn und elf bisher sehr konstant präsentiert und nähert sich langsam wieder ihrer früherer Torlauf-Form. Doch Maria Riesch hat gelernt, dass sie keine zu große Pläne schmiedet. Obwohl sie sich im Gesamtweltcup an diesem Wochenende auf den vierten Platz vorgeschoben hat, ist für sie der Gewinn der großen Kristallkugel in diesem Winter „kein Thema. Es wäre vermessen, das als Ziel auszugeben.“ Aber es ist sicher eines für die nächsten Jahre. Wenn alles gut geht.