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Funktionäre fürchten um Pfründe

■ HEW-Aktionäre erwägen Klage wg. Brunsbüttel-Stillegung

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (Düsseldorf) will gegen die Kieler Landesregierung auf Schadenersatz klagen, falls diese die Genehmigung zur Reparatur des Atomkraftwerks in Brunsbüttel widerrechtlich verschleppt. „Wir werden sehr genau prüfen, ob die Stillegung von Brunsbüttel über nunmehr nahezu ein Jahr wirklich sachlich gerechtfertig war“, sagte Horst Lehmann von der Schutzgemeinschaft gestern vor der Hauptversammlung der Hamburgischen Electricitäts-Werke AG (HEW) in Hamburg.

Hintergrund der Drohung sind die Kosten, die mit dem Stillstand des Reaktors verbunden sind. Der Reaktor sollte nach einer Routine-Abschaltung im vergangenen August eigentlich im Oktober wieder ans Netz gehen, was die Kieler Regierung als Aufsichtsbehörde wegen aufgetretener Haarrisse in den Rohrleitungen untersagte. Die HEW muß deshalb seit Oktober unplanmäßig Strom zukaufen, was bislang unvorhergesehene Mehrkosten von rund 70 Millionen DM verursachte.

Wann der Reaktor wieder ans Netz gehen kann, ist nach Darstellung des HEW-Vorstandsvorsitzenden Roland Farnung völlig offen. Die Zahl der „echten Haarrisse“ liegt nach Meinung der HEW bei rund 20, die relativ schnell repariert werden könnten. Das Reparaturkonzept liege seit dem 2.April der Aufsichtsbehörde vor, die dazu allerdings noch nicht Stellung genommen habe. Dies erwecke den Verdacht, so Lehmann, daß Kiel den Ausstieg aus der Kernenergie scheibchenweise gegen Recht und Gesetz durchsetzen wolle – auf Kosten der Aktionäre und der Steuerzahler.

Die gestrige Hauptversammlung im CCH war wie in den Vorjahren vom Streit um die Kernenergie geprägt. Kritische Aktionäre warfen dem Vorstand vor, die Satzungsänderung nicht umzusetzen, nach der die HEW so zügig wie rechtlich möglich und wirtschaftlich vertretbar aus der Kernenergie aussteigen soll. Farnung entgegnete, daß aus heutiger Sicht alle Alternativen wirtschaftlich ungünstiger seien als der Betrieb vorhandener Anlagen. Der Vorstand prüfe diese Frage regelmäßig. Außerdem verfolge die HEW eine Vielzahl von Projekten, die der rationelleren Energieverwendung und der Nutzung regenerativer Energiequellen dienen sollen. dpa

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