: Späte Straßen-(Um)Taufe
■ Der neue Alma-Wartenberg-Platz wird heute gefeiert
Gegen die Strafbarkeit des „Verkaufs oder der Weitergabe hygienischer Gummiartikel“im Kaiserreich hat sie sich gewehrt, hat sexuelle Aufklärung gefordert und sich lauthals für die politischen Rechte der Arbeiterinnen und einen gesetzlichen Mutterschutz eingesetzt: Alma Wartenberg (1871-1928) aus Ottensen war ihr Leben lang ebenso häufig als Politikerin und Rednerin durch ganz Norddeutschland unterwegs wie von Gefängnisstrafen bedroht.
Jetzt steht ihr Name auf einem Straßenschild: Der als „Friedenseichenplatz“bekannte Platz zwischen Bahrenfelder Straße und Friedensallee heißt jetzt Alma-Wartenberg-Platz. Die Taufe ist schon am Montag ganz unspektakulär geschehen; heute aber wird gefeiert mit Straßenausstellung, einem Platzkonzert und Ansprachen der Frauen-Stadtteilinitiative. Außerdem erzählt der 1902 geborene Fritz Wartenberg vom Leben seiner Mutter.
Die „Tochter aus sozialdemokratischem Hause“vertrat ab 1919 sechs Jahre lang die SPD im Parlament der Stadt Altona; anschließend wechselte sie bis 1927 als einzige weibliche Abgeordnete in den Schleswig-Holsteinischen Landtag. In Ottensen, wo sie mit ihrem Mann und vier Kindern lebte, blieb Alma Wartenberg trotzdem sozialdemokratische Vertrauensperson, die die (Frauen-)Geschichte des Stadtteils geprägt hat.
Umso befremdeter war das Stadtteilarchiv Ottensen, als es 1983 feststellte, daß nichts mehr in Ottensen an Alma Wartenberg erinnerte. Der zähe Versuch, den Nernstweg, in dem sie gelebt hatte, nach der Frauenrechtlerin umzubenennen, scheiterte immer wieder am Widerstand des Senats, der der „Anwohnerschaft Ärgernisse ersparen“wollte. 1994 am Frauenstreiktag taufte die Geschichtswerkstatt den Nernstweg deshalb bei einer symbolischen Aktion in „Alma-Wartenberg-Straße“um. Im April 1996 dann wurde endlich beschlossen, den postalisch namenlosen, inoffiziell aber nach der „Friedenseiche“benannten Platz umzutaufen. Heike Haarhoff
Platzfest heute, 11-13 Uhr Alma-Wartenberg-Platz, bei Regen in den Zeisehallen, Friedensallee 7
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