Bremens erste Senatorin: Ärzte kippten Käthe Popall...
■ ...weil sie Frau und Kommunistin war
Käthe Popall – ein Name, der in Bremen fast vergessen ist. Mit ihrer Rede zu „Fragen der sittlichen und körperlichen Gefährdung der weiblichen Jugend“kam sie erste Frau nach dem Krieg in der Bürgerschaft zu Wort. Der damalige Schulsenator Christian Paulmann (SPD) war so begeistert, daß er sie als Senatorin vorschlug. Bürgermeister Wilhelm Kaisen (SPD) holte sie in den Senat und übertrug ihr das Gesundheitswesen. Der Protest ließ nicht lange auf sich warten. Die Ärzteschaft – allen voran der Präsident des Gesundheitsamtes, Dr. Karl Wilhelm Stade- lehnte es ab, mit einer Frau und dazu noch mit einer Kommunistin zusammenzuarbeiten. Kaisen fügte sich und betraute Käthe Popall mit dem Ressort für Wohlfahrtspflege, das Flüchtlingswesen und dem Amt für Wiedergutmachung. Als der amerikanische Außenmini
ster James Byrnes im Herbst 1946 in Stuttgart mit einer Rede den kalten Krieg anheizte, wurde es für Kommunisten zunehmend schwieriger, sich in politischen Ämtern zu behaupten. Käthe Popall, die nach dem Krieg zunächst von der Militärregierung in die Bürgerschaft geschickt worden war, mußte gehen: Die Bremer Demokratische Volkspartei (die spätere FDP) lehnte es ab, neben Kommunisten im Senat zu sitzen. Auch die SPD wollte keine Koalition mehr mit der KPD. Ab Januar 1948 saß Käthe Popall wieder als Abgeordnete in der Bürgerschaft.
Während des Kalten Krieges war die KPD wieder voll stalinistisch durchorganisiert. Genossen, die das kritisierten, wurden ausgeschlossen – einer von ihnen war der Mann von Käthe Popall. Reinhold Popall war Werftarbeiter und Betriebsrat bei der AG Weser-Werft. Die KPD stellte Käthe Popall vor die Alternative, sich von ihrem Mann zu trennen oder die Partei zu verlassen. 1956 gab Käthe Popall ihr Parteibuch zurück. Dieser Schritt war für sie besonders schmerzlich, weil sie die Partei immer als ihre „Heimat“bezeichnet hatte. Seit Beginn der dreißiger Jahre war Käthe Popall aktives Mitglied der KPD. Ab 1933 tauchte sie als Widerstandskämpferin in Berlin unter. 1935 wurde sie wegen „Vorbereitung zum Hochverrat im In- und Ausland“zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihr erster Mann, Hans Lübeck ließ sich kurz nach der Verurteilung scheiden. Von 1937 bis 1940 war sie im Frauenzuchthaus Lübeck inhaftiert. Danach saß sie zwei Jahre im Zuchthaus Jauer – meist in Einzelhaft. Nach der Befreiung durch die Rote Armee im Mai 1945, machte sich Käthe Popall zu Fuß zurück auf denn Weg nach Bremen. Auf dem Fußmarsch lernte sie ihren zweiten Mann, Reinhold Popall, kennen. Auch er war als KPD-Mitglied zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. In der Hansestadt angekommen, führte der Weg des Paares sofort ins Parteibüro der KPD. Mit anderen ehemaligen politischen Gefangenen gründete Käthe Popall wenig später die „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“. Außerdem gründete sie mit der Sozialdemokratinnen Anna Stiegler, die sie im Zuchthaus kennengelernt hatte, den „Bremer Frauenausschuß“. Durch das Parteiverfahren hatte Käthe Popall „den Boden unter den Füßen verloren“. 1967 zog sie ins Saarland. Sie engagierte sich in der Arbeiterwohlfahrt und bei den „Naturfreunden“. 1981 starb ihr Mann. Anfang 1984 kehrte Käthe Popall – schon vom Lungenkrebs gezeichnet – in ihre Heimatstadt Bremen zurück. Wenige Wochen später starb sie. Heute erinnert eine Straße am Rande der Neustadt an die erste Senatorin Bremens. kes
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