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Einmischen, mitmischen, aufmischen

■ Umstritten wie eh und je: Nächsten Sonntag gründet die „Feministische Partei – Die Frauen“in Bremen einen Landesmitfrauenverband

Letzten Sonntag errang die „Feministische Partei – Die Frauen“bei den hessischen Kommunalwahlen in Darmstadt 1,2 Prozent, in Frankfurt 0,7. In Bremen wollen ,Die Frauen' nächsten Sonntag einen neuen Landesmitfrauenverband gründen. Zehn Frauen sind in der Hansestadt bislang bei den ,Frauen' eingetreten. Ist das jetzt eine Erfolgsmeldung, richtungweisend, oder doch zum Abwinken?

Katharina Herzog sagt von sich, sie sei eine von drei Bremer Frauen von den ,Frauen', die „relativ viel machen“. Das heißt für die Dipl.-Ing. agr. (31): Im Viertel, in der City und in Findorff Flugblätter verteilen, darüberhinaus zu den überregionalen Parteitreffen reisen, und in den Arbeitsgruppen mitmischen, „besonders bei ,Frau und Erwerbsarbeit'“.

Knapp zwei Jahre nach ihrer Gründung im Juni '95 ist die Zahl der Frauen, die ihre Forderungen per Partei durchsetzen wollen, von „180 bis 200“auf jetzt „800 bis 1.000“gestiegen. Das Hin und Her über den richtigen Weg in die feministische Zukunft ist also (unter den Frauen) so umstritten wie eh und je: Auch für eine Frauenpartei könne nur alle vier Jahre ein Kreuz gemacht werden, ausländische Frauen würden ausgegrenzt, Einmischung in die Politik auf breiter Ebene bringe viel mehr als der Kräfteverzehr beim Aufbau einer Partei. Sagten und sagen die einen (siehe auch Kommentar S. 37). Die anderen haben inzwischen ihr Parteibuch.

Bei soviel Kritik gibt sich Katharina Herzog vor allem pragmatisch. „Meine Vision ist, daß die Projektfrauen ihre Forderungen in uns reintragen, und wir reden dann in den Gremien hier mit der einen, dort mit der anderen.“Frau brauche eben diejenigen, die polarisieren, und diejenigen, die sich an einen Tisch setzen.

So hatte auch schon Jutta Oesterle-Schwerin – unter Protest bei den Grünen ausgetretene Ex-Bundestagsabgeordnete – argumentiert, als sie anno '94 in Bremen für „Die Frauen“focht. Damals hatte das Bremer Frauenbündnis, Nachfolgerin des Frauenstreikkomitees, zur Podiumsdiskussion aufgerufen, Thema: „Einmischen – Mitmischen – Aufmischen“. Harte Worte fielen. Dörthe Jung, Soziologin und Mitbegründerin der Frankfurter Frauenschule, nannte die Frauenparteidiskussion einen „Ausdruck politischer Hilflosigkeit“.

Inzwischen hatten „Die Frauen“im November letzten Jahres ihre erste große, bundesweite Veranstaltung in Berlin: Bei ihrem Kongreß über Frauen und Antisemitismus debattierten sie – durchaus selbstkritisch – Schuld, Verantwortung und Schweigen, denn auch Feministinnen tun sich mit dem Thema schwer. Antisemitismus ist nun einer der Kernpunkte im „Die Frauen“-Parteiprogramm (siehe nebenstehenden Kasten).

Aktuell greifen die Frauen in ihrer (noch jährlich erscheinenden) Parteizeitung „Sexualisierte Gewalt“auf und fordern in ihren Texten eine feministische, antipatriarchale Jungenarbeit, sofortige Entfernung von Gewalttätern aus der Wohnung, eine angemessene Bestrafung. Luise F. Pusch schreibt über die vorzeitig – weil sexistisch – veraltete Version des neuen Duden. Und Helga Brodersen, Bundessprecherin der Feministischen Partei, betont um ein weiteres Mal, daß nur über eine Partei Frauenpolitik vom Stigma der „Randgruppenpolitik“zu befreien sei.

In Bremen, wo der dann vierte Landesverband vor der Gründung steht, muß im allerersten Schritt die Haushaltspolitik angeprangert werden, die überhaupt keine ist. Sagt Katharina Herzog. „Das geht so nicht weiter.“ Silvia Plahl

Gründung am 16.3., 11 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen, Kontakt: Heidemarie. Behrens, Tel. 35 34 97

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