: Wie aus dem Bundesbankgold Geld für den Finanzminister werden soll
Berlin (taz) – Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums sieht gar kein Problem, wenn die Bundesbank Sondergewinne aus der Neubewertung von Geld und Devisen an den Bund abführen soll. Schließlich überweist sie alljährlich Gewinn, 1996 waren es 8,8 Milliarden Mark. Warum also dieses Jahr nicht einfach zweimal? Das Geld würde in den Erblastentilgungsfonds fließen, in dem 332 Milliarden Mark Schulden aus der deutschen Vereinigung ruhen. Damit sinkt die Gesamtverschuldung und zugleich auch das Haushaltsdefizit, weil der Finanzminister dann weniger neue Kredite zur Finanzierung der Altschulden aufnehmen muß.
Eine Geldvermehrung ist das in jedem Fall: Werden mit den Überweisungen aus Frankfurt Gläubiger ausgezahlt, haben diese wiederum Geld flüssig. Doch ist die Inflationsgefahr gering, denn die Bundesbank dürfte sogleich gegensteuern, indem sie den Banken weniger Geld Verfügung stellt.
Wieviel Geld Waigel von der Bundesbank will, ist noch unklar. Derzeit sind die Goldreserven der Bundesbank mit dem Festpreis von vor 1973 bewertet, 40 Milliarden Mark unter dem Marktwert. Die Devisen sind ebenfalls auf dem historischen Tiefststand bewertet. Macht 6,5 Milliarden Mark Unterschied. Das im deutschen Bilanzrecht verankerte Niederstwertprinzip soll verhindern, daß Unternehmen Gewinne ausschütten, die jeden Moment wieder verschwinden können. Wenn etwa der Goldpreis unter den neuen Wert fällt, würden der Bundesbank Verluste entstehen. Die Bundesregierung allerdings plant, sicherheitshalber unter dem vollen Marktpreis zu bleiben, möglicherweise bei 60 Prozent.
Waigel will sich die rechnerischen Gewinne auf mehrere Jahre verteilt überweisen lassen. Die Bundesbank allerdings will sie überhaupt nicht ausschütten. Und kann sich damit auf einen ausdrücklichen Beschluß des Europäische Währungsinstituts stützen. lieb
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