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Rituell reinigen

■ Christianskirche: Polizei glaubt nicht an rechtsradikale Brandstifter

Im dunkeln tappt die Polizei auf der Suche nach den Tätern, die in der Nacht zum Mittwoch einen Brandanschlag auf die Christianskirche in Ottensen versuchten. Daß es Neofaschisten waren, will sie trotz der aufgemalten Hakenkreuze und SS-Runen lediglich „nicht ausschließen“. Hinweise aus der Bevölkerung liegen keine vor.

„Der Verdacht, daß es Rechtsradikale waren, ist zu vage“, gibt sich Polizeisprecher Wolfgang Ketels zurückhaltend. Zum Teil seien die Hakenkreuze spiegelverkehrt gemalt. An einer Stelle sei eines der faschistischen Symbole in eine Rune reingezeichnet worden, was kein Motiv aus der rechtsextremen Szene sei. Ketels hält es deswegen für möglich, daß „jemand glauben machen will, daß es aus dieser Ecke kommt“. Womöglich angeregt durch den Anschlag auf die Lübecker St. Vicelin-Kirche könnten die Täter auch „ohne politischen Hintergrund Randale gemacht haben“.

Durch Handzettel wurden PassantInnen gestern aufgefordert, sich zu melden, falls sie in der Tatnacht etwas gehört oder gesehen haben. Auch die Christianskirche schickte gestern ihre Jugendgruppe los, um Flugblätter im Viertel zu verteilen. Obwohl die Kirchenpforten noch beschmiert sind, wurden sie schon wieder geöffnet: Täglich ab 10 Uhr sind BesucherInnen in das Gotteshaus eingeladen.

Der Kirchenvorstand der Gemeinde beschloß am Mittwoch abend, Veranstaltungen zum Hintergrund des Brandanschlages anzubieten. So wird täglich um 17 Uhr und um 19 Uhr eine Friedensandacht abgehalten. „Wir wollen das gesellschaftliche Klima thematisieren, in dem solche Anschläge stattfinden können“, erläutert Pastorin Susanne Zingel. Auch sie geht davon aus, daß die Täter zumindest nicht aus dem organisierten rechtsradikalen Spektrum kommen. „Wegen der verdrehten Symbole und der Mischung aus Hakenkreuzen und Satanssymbolen geben sie ein diffuses Bild ab.“

Am Freitag sollen die Hakenkreuze, Runen und Symbole des Satanskultes beseitigt werden. „Es hat für uns rituellen Charakter, unsere Kirche von diesem Schmutz zu reinigen“, sagt Jugendmitarbeiter Jürgen Reißner. Elke Spanner

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