Flimmern & Fahren

Die U-Bahn feiert ihren 85. Geburtstag mit historischer Ringfahrt rund um die Alster  ■ Von Sabine Schrader

„Da oben ist ja ein Fernseher!“Der Stöpke, der gerade in Barmbek in den Sonderzug der U-Bahn eingestiegen ist, reckt perplex seinen Kopf. Nun hat auch die Mutter den Flimmerkasten entdecktt. Beide gucken gebannt auf den Bildschirm und verfolgen den stummen Film.

85 Jahre ist die Hamburger U–Bahn in diesem Jahr geworden. Gefeiert wird das mit einem Sonderzug. Der fährt mit installierten Bildschirmen ab Barmbek bis zum Berliner Tor. Dort rauscht er weiter über St. Pauli und Kellinghusenstraße zurück nach Barmbek. Auf diese Weise wird der historische U-Bahn-Ring für kurze Zeit nocheinmal wiederbelebt. Die erste Teilstrecke dieses Rings zwischen Barmbek und dem Rathausmarkt wurde am 15. Februar 1912 eingeweiht. Bereits ein halbes Jahr später war der ganze Ring fertig – jene 17,5 Kilometer lange Strecke, die einmal rund um die Alster kreiste.

„Als die U-Bahn in Betrieb genommen wurde, befand sich siebzig Prozent des Hamburger Gewerbes am Hafen“, sagt ein Sprecher der Hochbahn. Der Ring um die Innenstadt war eine Voraussetzung für das Entstehen neuer Wohnquartiere etwa in Hohenfelde.

„Der für drei Monate wieder auflebende Ringverkehr soll den Hamburger Bürgern die besondere Bedeutung der Hochbahn für ihre Stadt bewußt machen“, sagt Mathias Hein-Auty, Vorsitzender des Hamburger Architektur- und Ingenieurvereins. Sein Verein ist fürs Rahmenprogramm der Ringbahn verantwortlich, also für den Videofilm im Zug, aber auch für eine Plakatausstellung, die auf den Haltestellen des Rings präsentiert wird und für historisches Hintergrundwissen sorgen soll. Ein Plakat zeigt etwa ein imposantes Stahlviadukt zwischen Himmel und Wasser an der U-Bahnstation Baumwall. Ein „großartiges Beispiel des konstruktiven Ingenieurbaus“, sagt Hein-Auty nicht ohne Stolz auf seine Profession. Doch die breite Öffentlichkeit bleibt weitestgehend unwissend. Die ausgestellten Plakate enthalten nur spärliche Informationen. Ein Hinweis, in welchem Jahr die Motive aufgenommen wurden, fehlt völlig.

Als die Bahn wieder in Barmbek einfährt, flimmern immer noch wortlose Videobilder im Fernseher: Arbeiter beim U-Bahnbau, die behelmt und in Gummistiefeln im Matsch buddeln, eine Filmaufnahme vom Hafenpanorama an den Landungsbrücken, das live viel schöner ist. Der Stepke und seine Mutter haben ihre Blicke längst von der Flimmerkiste gelöst und gucken aus dem Fenster. Immerhin dauerte die Rundfahrt insgesamt 40 Minuten. Der dreiminütige Kurzfilm ist inzwischen bei seiner 14. Wiederholung angelangt.

Der Sonderzug mit Flimmerkasten fährt noch bis zum 24. September wochentags zwischen 9.30 und 14.30 Uhr