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Nachgefragt„Schaden ist immens“

■ Bayerns Minister Beckstein sprach in Bremen über „Ausländerkriminalität“

Herr Beckstein, sind Ausländer krimineller als Deutsche?

Es ist richtig, daß Ausländer höher mit Kriminalität belastet sind als Deutsche. Das hängt mit verschiedenen soziologischen Daten zusammen. Ausländer gehören in der Regel zur Großstadtbevölkerung. Außerdem ist der Anteil von Männern und jungen Leuten höher. Das gilt nicht für die Gastarbeiter, sondern besonders für die zweite und dritte Generation. Insofern müssen die Integrationsanstrengungen dauerhaft verstärkt werden. Wir können es uns nicht leisten, junge Leute hier zu haben, die hier geboren sind, aber wenig Chancen auf eine ordentliche Ausbildung haben.

Die Zahlen des Bundesinnenministeriums sagen etwas anderes. 1996 gab es 2.213.293 Tatverdächtige, davon waren 625.585 Ausländer (28,3 Prozent). Die Zahl der deutschen Tatverdächtigen ist im Vergleich zu 1995 um 4,8 Prozent gestiegen, der Anteil ausländischer Tatverdächtiger um 3,7 Prozent. Seit 1993 ist die Zahl der beschuldigten Ausländer sogar um rund fünf Prozent zurückgegangen.

Das hängt mit dem Asyl-Kompromiß zusammen, der den Zuzug von Asylbewerbern begrenzt hat.

Den meisten Ausländern wird ein Verstoß gegen das Ausländergesetz zur Last gelegt. Das läßt die Statistik in die Höhe schießen.

Selbst wenn man diese Straftaten herausrechnet, ergibt sich, daß Ausländer stärker mit Kriminalität belastet sind, und zwar vor allem in Bereichen wie der Gewalt- und organisierten Kriminalität.

Bei der organisierten Kriminalität gab es 1996 8.384 Tatverdächtige, davon waren 62,2 Prozent Ausländer, das sind 1,4 Prozent weniger als im Vorjahr.

Organisierte Kriminalität fällt von der Zahl der Täter her nicht so ins Gewicht. Der Schaden für die Gesellschaft ist aber immens.

Wir sprechen hier von Tatverdächtigen und nicht von rechtskräftig Verurteilten. Soziologische Untersuchungen behaupten, daß Ausländer schneller angezeigt würden, weil sie als krimineller gelten.

Wir haben diese Frage auch der Forschungsgruppe beim bayrischen Landeskriminalamt gestellt. Die Überprüfungen haben dort ergeben, daß diese These nicht richtig ist.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, eine solche Diskussion würde nur die Ausländerfeindlichkeit schüren?

Davon halte ich nichts. Ich war der erste Minister, der einen Maßnahmekatalog gegen fremdenfeindliche Straftaten entwickelt hat. Trotzdem müssen wir eine sachgerechte Diskussion führen und die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Fragen: Kerstin Schneider

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