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Bezirk spart, Land soll zahlen

■ Treptow will den Schulhort für LernanfängerInnen sperren, weil ErzieherInnen beim Land beschäftigt sind. Bündnisgrüne: kurzsichtig, ungesetzlich und nicht im Interesse der Kinder

Das Treptower Jugendamt will seinen Haushalt auf Kosten des Landeshaushaltes sanieren. Lernanfängern sollen nach dem Willen des Jugendamtes nur noch Hortplätze in Kitas und nicht mehr in Schulhorten angeboten werden. Dabei geht es dem Jugendamt nicht um eine bessere Betreuung der Kinder. Treptow hat vielmehr wie alle Ostbezirke Kitaerzieherinnen im Personalüberhang. Die sind unkündbar und müssen aus dem Bezirkshaushalt bezahlt werden. Würden sie mehr Kinder betreuen, hätten sie reguläre Stellen. Die Betreuerinnen im Schulhort sind hingegen Bedienstete des Landesschulamtes.

Für das kommende Schuljahr liegen 420 Anmeldungen von künftigen ErstklässlerInnen auf einen Platz im Schulhort vor. Die müßten dann gegen ihren Willen einen Kitaplatz zugewiesen bekommen. In den Ostbezirken können Eltern zwischen beiden Betreuungsangeboten sowie Plätzen bei freien Trägern wählen.

Jugendamtsdirektor Dietrich Fenner begründet den Vorstoß: „Als bezirkliche Einrichtung müssen wir zuerst die bezirklichen Interessen vertreten. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz verpflichtet uns nicht zur Wahrnehmung der Interessen eines überörtlichen Trägers.“ Diese Gesetzesauslegung hält der bündnisgrüne Fraktionssprecher Michael Diehl für „lächerlich“. Treptow sei keine eigene Gemeinde und das Landesschulamt demzufolge auch nicht überörtlich. Für Diehl, dessen Tochter selbst den Schulhort besucht, geht dieses Bestreben an den Interessen der Kinder vorbei, deren Wahlmöglichkeiten eingeschränkt werden. „Der öffentliche Dienst ist für die BürgerInnen da und nicht umgekehrt.“

Mit seinem Bestreben müßte sich das Jugendamt gegen die Senatsschulverwaltung durchsetzen, die ihrer Sprecherin Almuth Dreger zufolge am offenen Ganztagsbetrieb in den Ostbezirken festhalten will und das in Berlin einmalige Treptower Vorpreschen juristisch prüfen läßt. Auch die bezirkliche Schulverwaltung, die eine Bezirksamtsvorlage mitzeichnen müßte, meldet Widerspruch an. Direktor Werner Schicke kann eine Einsparung aus gesamtberliner Sicht nicht sehen.

Für die bündnisgrüne Jugendpolitikerin Jeanette Martins ist es juristisch nicht zulässig, die Wahlmöglichkeiten der Eltern einzuschränken. Treptow könnte Erzieherinnen im Personalüberhang sinnvoll in „Lückekinderprojekten“ beschäftigen, wie das andere Ostbezirke tun. Dem widerspricht Dietrich Fenner vom Treptower Jugendamt: „Das Gesetz schränkt die Wahlmöglichkeit ein, wenn den öffentlichen Kassen Mehrkosten entstehen.“ Marina Mai

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