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Grüner Strom – der Preis ist heiß

■ Ökostrom mit Gütesiegel kommt in Bremen später als angekündigt/ Wer jetzt das swbEnordia-Ökostrom-Paket bucht, zahlt nur mehr als sonst – denn das lokale Ökosiegel ist noch in der Mache

Eigentlich hätte der Ökostrom der swb AG, ehemals Bremer Stadtwerke, eine exquisite Angelegenheit werden sollen. Einmalig möglicherweise im Bundesgebiet, denn die BündnispartnerInnen, hie die Umweltverbände, dort der Stromerzeuger, wollten ein eigenes, lokales Gütesiegel für das atomstromfreie Produkt. Möglichst viele lokale Verbündete sollten dem Ökostrom aus Bremer Windmühlen und Solarzellen gute Noten ausstellen – damit VerbraucherInnen bereit sind, dafür ein paar Pfennig mehr pro Kilowatt zu zahlen, die ausschließlich in den Ausbau regenerativer Energieerzeugung fließen. Doch die Verhandlungen darüber dauern an.

Allerhand Organisationen waren bereits Ende vergangenen Jahres erstmals an einen Runden Tisch geladen worden – und anfangs auch gekommen: Darunter Verbraucherschützer, WWF und NABU, die VertreterInnen der Umweltberatung und der Recyclinghöfe. Greenpeace, das ein eigenes Ökostrom-Angebot macht, war nicht dabei. Doch auch die angetretene Truppe bröckelte bald; statt wie angekündigt im Mai, bekommt die Vereinbarung erst jetzt den letzten Schliff. Die Verhandlungen waren zwischenzeitlich zäh geworden, für ihre Unbedenklichkeitsempfehlung wollten die Umweltverbände möglichst viel herausholen. Zeitweise geisterte sogar die Forderung nach einem Wasserkraftwerk am Weserwehr durch die Szene.

Heute führt nur der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) noch Verhandlungen. „Wir stehen kurz vor Vertragsabschluß“, bestätigen Stadtwerke und BUND-Vertreter Bernd Langer. Andere Bremer Umweltorganisationen sollen in absehbarer Zeit allerdings wieder in den Ökostrom-Deal eingebunden werden – als Beirat, der kontrolliert, daß das Grüne Produkt in der Aktiengesellschaft korrekt gehändelt wird.

Für diesen Beirat vorgesehen sind bislang VertreterInnen der Bremer Umwelt-Beratung, des Bremer Energie-Instituts und der Recycling-Höfe. Dabei stehen manche von ihnen der Sache teilweise durchaus kritisch gegenüber. Klaus Prietzelt vom Recyclinghof Findorff beispielsweise fühlt derzeit „zwei Herzen in meiner Brust“. Herz eins schlägt warnend: „Mit diesem lokalen Ökosiegel verhilft man den Stadtwerken zum grünen Mäntelchen.“ Herz zwei tickert: „Zarte Pflänzchen muß man unterstützen.“ Es gehe schließlich um den Ausbau regenerativer und lokaler Stromerzeugung. Dieser sei mit der Liberalisierung des Strommarktes mit verbilligten Preisen mehr denn je gefährdet. „Die swb AG haben diese energiepolitischen Probleme nicht geschaffen“, argumentiert Prietzelt weiter. „Man sollte sie schützen gegen die Großen. Besser der frühere Monopolist Stadtwerke, als Preussag pur.“

Ähnlich sieht es auch der Bremer BUND-Strom-Mann Bernd Langer. Er verhandelt nicht nur über den Ökostrom, sondern mahnt auch: „Allein der Preis sollte kein Kaufkriterium sein.“ Konsequent warnt er vor Stromanbietern, die Privatkunden jetzt schon mit Billigstrom-Angeboten unter Vertrag bekommen wollen. So stammten beispielsweise die von den Hamburger Elektricitätswerken (HEW) zum Herbst angekündigten Stromlieferungen „aus den Schrottreaktoren Stade und Brunsbüttel. „Nur wegen der vorhandenen Überkapazitäten und der hohen Subventionierungen in der Vergangenheit“ könne dieser Strom so günstig „auf den Markt geschmissen werden.“ Klar ist auch für ihn: „Das neue Stromangebot ist eine Nischenlösung. Damit wird das Klima der Welt nicht gerettet.“

Günstig wird der Bremer Ökostrom mit Label – Voraussetzung dafür soll unter anderem auch eine Zertifizierung des Produktes nach höchsten Standards des Freiburger Ökoinstituts sein – kaum. Rund acht zusätzliche Strompfennige pro Kilowattstunde müssen umweltbewußte VerbraucherInnen dafür berappen. Ebensoviel legen die Stadtwerke drauf; diese Zusatzeinnahmen sollen dann, vertraglich abgesichert und zweckgebunden, in Anlagen für erneuerbare Energien fließen. In welche und wie genau, das wird bis zum Vertragsabschluß noch geheim gehalten. Für manche KritikerInnen macht das aber nicht wirklich einen Unterschied. So sagt Lisa Wargalla, in der letzten Legislaturperiode noch umweltpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion: „Genau betrachtet, ist das nichts als Spenden einsammeln.“ Warum die swb AG sich die Produktionsmittel mit Extrazahlungen ihrer KundInnen quasi finanzieren lassen, leuchte ihr nicht wirklich ein. ede

Die Stadtwerke-Tochter swb Enordia bietet bereits jetzt „Enordia-Strom proNatur“ zum Preis von 39,7 Pfennige pro kWh (incl. Öko-Aufpreis von 8,5 Pf) an. Pro 300 kWh-Paket gibt es einen „Ökotaler“; vier Ökotaler werden gegen eine mit Namen versehene Solarzelle getauscht, mit der eine „Bürger-Solaranlage“ in Bremen bestückt wird. Info Tel.: 359-3590

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