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US-Botschaft: Bund belehrt Berlin

■  Staatsminister Naumann wirft dem Senat mangelnde Kompromißbereitschaft vor: Verkehrsberuhigte Behrenstraße könnte Sicherheitsbedürfnis der Amerikaner befriedigen

Der Staatsminister für Kultur, Michael Naumann, hat gestern in den Streit um den Bau der US-Botschaft am Pariser Platz eingegriffen. Der SPD-Politiker plädierte für eine Verkehrsberuhigung der Behrenstraße zwischen dem Botschaftsgelände und dem geplanten Holocaust-Mahnmal. Außerdem könne die Baumreihe am Rand des Mahnmals verbreitert werden, um die Sicherheitsanforderungen der Amerikaner zu erfüllen. Die Zahl der Gedenkstelen müsse dafür nicht verkleinert werden, sagte Naumann. Damit lasse sich eine Verlegung der Straße auf das Mahnmalsgelände vermeiden, die US-Botschafter John Kornblum am Dientag gefordert hatte. Naumann warf dem Berliner Senat vor, sich bislang nicht ausreichend um einen Kompromiß bemüht zu haben. Die Landesregierung handle nach dem Prinzip: „Das haben wir noch nie so gemacht.“

Berliner Politiker verbaten sich gestern die Ratschläge aus dem Bund. „Wenn es so einfach wäre, dann hätten wir das längst gemacht“, sagte Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD). Eine bloße Verkehrsberuhigung reiche nicht, um Anschläge wie auf die US-Missionen in Nairobi und Daressalam zu verhindern. Im Fall einer Vollsperrung müsse jedoch der gesamte Verkehr zwischen den Bundestagsbauten durch die Dorotheenstraße geführt werden.

In diesem Punkt ist sich Strieder mit Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) überraschend einig. Eine Sprecherin der Verkehrsverwaltung sagte, eine Sperrung der Behrenstraße stelle „einen starken Eingriff in den Verkehrsfluß“ dar. Es sei „zu prüfen, ob man dafür überhaupt einen Ausgleich schaffen kann“. Die Verlängerung der Französischen Straße solle bereits die Leipziger Straße entlasten, der die Kapazität durch den Bau einer Straßenbahn beschnitten werde.

Strieder brachte gleichzeitig andere Standorte für die Botschaft ins Spiel. „Wenn sich herausstellt, daß es am Pariser Platz nicht geht, dann ist Berlin in der Pflicht, ein anderes Grundstück anzubieten“, sagte er. Vorerst sei das nur eine „Option“. Einen Zeitungsbericht, wonach das Rubinienwäldchen am südlichen Tiergartenrand neben der japanischen Botschaft im Gespräch sei, wollte Strieder aber nicht bestätigen. „Einen solche Vorschlag würde ich zuerst den Amerikanern mitteilen, nicht der Presse“, sagte Strieder.

Gleichzeitig übte der Senator scharfe Kritik am Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), dem er eine Verschleppung der Verhandlungen vorwarf. „Die Senatskanzlei hat ihren Job nicht gemacht“, so Strieder. Es habe bislang keine Gespräche mit den Amerikanern über die Sicherheitsauflagegen gegeben.

Senatssprecher Eduard Heußen bestätigte, daß sich die Sicherheitsexperten beider Seiten erst im September in Washington treffen wollten. Dieser Termin sei jedoch „fest verabredet“. Dort sollten die Fachleute eine „pragmatische Lösung“ entwickeln – und zwar für den Standort Pariser Platz. Die Senatskanzlei suche nicht nach einem anderen Grundstück.

Die Amerikanische Botschaft wollte sich gestern nicht äußern. Es handele sich aber nicht um einen „Streit“, sondern um eine „Diskussion unter Freunden“.

Ralph Bollmann

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