piwik no script img

GuD gleich gut

■ Heute will GAL-Umweltsenator Porschke AKWs einen Strich durch die Rechnung machen

Heute ist für ihn ein wichtigter Tag. Hamburgs grüner Umweltsenator Alexander Porschke muß – will er bei Basis und WählerInnen als erfolgreich gelten – mehr vorweisen als Steigerungsraten bei der Kompostierung von organischen Haushaltsabfällen. Deshalb will er dem selbstgesteckten und immer wieder öffentlich proklamierten Ziel Atomausstieg ein entscheidendes Stück näher kommen: Mit einem Hamburger Beitrag zur Stillegung mindestens eines HEW-Atomkraftwerkes. Der entscheidende Hebel dafür ist nach Porschkes Ansicht die Wirtschaftlichkeit der AKWs – und die steht heute nachmittag auf dem Prüfstand.

Auf einer Podiumsdiskussion im Besenbinderhof werden Experten aus Wissenschaft, Industrie und Politik vor geladener Fachöffentlichkeit ein Gutachten zur „Wirtschaftlichkeit der HEW-Kernkraftwerke“ unter die Lupe nehmen, das im Juli im Auftrag Porschkes erstellt worden war. In dieser Studie waren die Autoren, die Berliner Consultinggesellschaft LBD und das Freiburger Öko-Institut, zu dem Schluss gekommen, dass moderne Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) billiger Strom erzeugen können als die HEW-Reaktoren Stade und Brunsbüttel. Bei einem Ersatz dieser Meiler durch GuD sagt die Studie erhebliche wirtschaftliche Vorteile voraus, darunter einen sogenannten Barwertvorteil von 470 Millionen Mark.

Von diesem Hearing erhofft sich Porschke „weitere gute Argumente“. Im Herbst wollen er und Bürgermeister Runde mit HEW-Chef Manfred Timm erneute Gespräche führen; die ersten beiden im März waren ergebnislos verlaufen. Beide Politiker hatten kürzlich erklärt, sie hielten den Ausstieg zumindest aus dem AKW Stade bis 2002 „für realistisch“.

Die HEW sehen derweil keinerlei Veranlassung, sich zu diesem Gutachten zu äußern. Dazu müßten interne Zahlen offengelegt werden, und „das kommt nicht in Frage“, verlautet aus der Vorstandsetage. Timm selbst sieht sich keineswegs unter Erklärungszwang. Wenn jemand meine, Strom mit GuDs kostengünstiger produzieren zu können als die HEW in ihren vier Atommeilern, „dann soll er doch eins bauen und uns das Fürchten lehren“, erklärte er noch am Donnerstag in der Hamburger Handelskammer.

Genau das will die Hamburger Firma Vasa Energy. Die Tochter des größten schwedischen und sechstgrößten europäischen Energieunternehmens Vattenfall wird in diesem Jahr mit dem Bau eines GuD-Großkraftwerkes in Lubmin bei Greifswald beginnen. In die 1200-Megawatt-Anlage – das entspricht der Leistung des größten HEW-Reaktors Brokdorf – wird Vasa mehr als eine Milliarde Mark investieren. Anfang 2003 soll das Werk in Betrieb gehen, erklärt Vasa-Sprecher Christian Gotthardt, „und dann werden wir die Preisführerschaft haben“.

Und Porschke die Meinungsführerschaft. Sven-Michael Veit

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen