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Schinkelzeit auf Augenhöhe

Friedrichswerdersche Kirche ist nach Sanierung für 9,5 Millionen Mark wieder eröffnet worden und zeigt als Schinkel-Museum Pläne des preußischen Baumeisters und Skulpturen seiner Zeitgenossen

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Wohl selten hat die Eröffnung eines Museums mehr Fortune gehabt als die des Schinkel-Museums in der Friedrichswerderschen Kirche. Sonnenstrahlen tauchten die sanierte Backsteinfassade in ein kräftiges Rot. Der renovierte Innenraum der Kirche war durch das einfallende Licht hell illuminiert. Und die vielen Skulpturen von Rauch und Schadow erschienen fast lebendig vom Spiel der Sonne auf ihrer Oberfläche. „Ein Traumstart“, frohlockte ein Mitarbeiter der Staatlichen Museen zu Berlin, die gestern Kirche und Museum nach vier Jahren Bauzeit wieder eröffnen konnten.

Karl Friedrich Schinkels 1830 errichtete Kirche auf dem Friedrichswerder – gegenüber dem heutigen Außenministerium – erinnert mit Plänen und Zeichnungen nicht nur an den großen Baumeister, sondern ist in erster Linie Ausstellungsort berühmter Reliefs, Skulpturen und Büsten, die für Schinkel-Bauten und andere Auftraggeber jener Zeit entstanden: Schadows Marmor-Prinzessinnen Luise und Friederike, Christian Daniel Rauchs Sarkophag der Königin Luise, die mythologisch-klassizistischen Skulpturen von Heinrich Kümmel oder bürgerlichen Porträtbüsten Goethes und Kants, Winckelmanns und Hardenbergs.

Hinzu kommen, ebenfalls aus der Sammlung der Staatlichen Museen, kleine Plastiken und Medaillons von Schinkels Zeitgenossen, die in der Schau „den Geist jener Zeit“ zeigen sollen, wie Museumsdirektor Klaus-Peter Schuster erinnerte. Gelungen sei das Ausstellungskonzept besonders durch die niedrige Platzierung der Büsten, die vom hohen Sockel geholt wurden, so dass die Besucher „auf Augenhöhe Zwiesprache mit den Dichtern und Philosophen halten können“, so Schuster.

Die Inszenierung der Ausstellung im Kirchenschiff und auf der umlaufenden hölzernen Empore lehnt sich an Schinkels Konzept an, der die Kirche selbst als Schau-Ort konzipiert hatte. Die einschiffige neogotische Kirche für die deutsche und französische Gemeinde auf dem Friedrichswerder war von dem Berliner Architekten als Collage aus gotischen, klassischen und englischen Stilen realisiert worden. Das heute frei stehende Gebäude war damals von Geschäfts- und Wohnbauten umschlossen und bildete mit ihnen ein städtisches Ensemble. Das flache Dach war – quasi als Info-Box für die Bauten auf der Museumsinsel – als Aussichtsplattform zugänglich.

Es ist vielleicht nicht Schinkels schönste Kirche, aber die einzige, die innen und außen vollständig erhalten geblieben ist, sagte Floran Mausbach, Chef der Bundesbaudirektion, die 9,5 Millionen Mark in die Sanierung steckte. Der Bau blieb trotz Bombentreffern im Krieg erhalten. Der Sakralbau wurde zu DDR-Zeiten wiederhergestellt, aber seit 1987 nur noch für Ausstellungen genutzt. Jetzt können Besucher dort Kunst anbeten.

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