piwik no script img

Soldaten sind Spindspannern

Bild, die letzte Bastion der 68er, kämpft weiter: Gegen Kasernenmuff und Verklemmtheit, für neue, sexuell befreite, glückliche Soldaten. „Wie sexfrei muss die Bundeswehr sein?“, fragt Bild. „Topp-Thema in deutschen Kasernen: Das Sex-Foto-Verbot von Generalinspekteur Harald Kujat.“ Bild bringt die Widersprüche voll auf den Punkt: „Frauen rein in die Bundeswehr – aber nackte Frau raus aus dem Spind.“ Energischer wurde verlogene Doppelmoral lange nicht mehr angeprangert. Bild schreit auf: „Soldaten, ziviler Ungehorsam ist gefragt. Also, Kameraden: hängt die Mädels ab, schickt sie mit Absender, Dienstgrad und Kaserne an BILD, Stichwort Spindluder, 20692 Hamburg. Soldaten, BILD gibt nicht auf! BILD premiert nach dem Pin-up-Verbot die reizvollsten Fotos! BILD bringt die Siegerin in die Kaserne – mit 1.000 Litern Freibier.“

Freibier ist oldschool, Hand am Gemächt ist Soldatenrecht. „Wenn ich den Spind öffne, lächelt sie...“, lässt Bild einen Hauptgefreiten ächszen. Das stimmt zwar gar nicht, die junge Frau guckt eher schläfrig aus der Wäsche, doch vielleicht lächelt ja ihre Seele oder ihr Muttimund, der Stille? Egal – Hauptsache es kommen ein paar Milliliter Freisperma zusammen für die große Bild-Kasernen-Partie zumal alles ganz soldatisch-anständig zugeht: Möslein gibt es keins zu sehen, nur der gute alte Doppelmops paradiert – im Spind und in Bild.

Wo der Ruck in der Buxe auch durch ältere Herren geht. Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner schreibt hosenoffene Briefe an öffentliche Damen. Doris Schröder-Köpf gesteht er gleich zweimal: „Sie gefallen mir sehr.“ Verglichen mit Wagner ist Schmierseife Trockenschampoo. „Liebe Frau Christiansen“, keucht der halbsteife Mann, „ich habe Sie beim Friseur erlebt. Sie sind ein Vollweib.“ Soldaten sind Spindspanner. Und Bild-Kolumnisten alte Wichser. WIGLAF DROSTE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen