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Grölender Jurist

Scheidungsanwalt wird als Kopf einer Neonazi-Band geoutet. Anwaltskammer entsetzt. Ermittelt wird nicht

REUTLINGEN taz ■ Werktags klemmt er sich das Bürgerliche Gesetzbuch unter den Arm, am Wochenende taucht Rechtsanwalt Steffen Hammer in die Neonazi-Szene ab. Der 32-jährige Jurist aus dem schwäbischen Reutlingen ist Sänger der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Skinhead-Band „Noie Werte“ und führte seit Jahren von Mandanten und Anwaltskammer unerkannt sein Doppelleben.

Erst ein Bericht in Spiegel-TV diese Woche outete den „Spezialisten für Scheidungsfragen“ als Frontmann der Naziband. Mit versteckter Kamera aufgenommen, sieht man Steffen Hammer auf der Bühne vor mehreren hundert Neonazis. Zu seinem Lied „Alter Mann aus Spandau“ recken viele die Hand zum Hitlergruß für den Stellvertreter des Führers, Rudolf Heß.

Die Tübinger Rechtsanwaltskammer ist entsetzt. Ihr gehört Hammer seit November 2002 regulär an. „Wir sind empört. Uns war das nicht bekannt“, sagt Vizepräsident Christoph Geprägs. Doch ein Ausschluss aus der Standesorgansiation wird schwierig. Dazu ist die Verurteilung notwendig, und gegen Hammer wird derzeit nicht einmal ermittelt. „Wir prüfen die Vorwürfe“, sagt man beim zuständigen Landgericht Tübingen. Doch Anwalt Hammer und seine Band „Noie Werte“ treten vorwiegend jenseits der deutschen Staatsgrenzen auf Schweizer, österreichischem oder französischen Boden auf, unerreichbar für deutsche Ermittler.

„Noie Werte“ gehört zu den etabliertesten Nazi-Bands. Sie grölen ihre Hasstiraden schon seit 1987 in wechselnder Besetzung, darunter auch Michael Wendland, Ex-NPD-Vorsitzender von Baden-Württemberg. Hammer ist seit 1988 als Sänger mit dabei und gilt als Kopf der Gruppe. Der auf Trennungen spezialisierte Jurist feuerte 1998 seinen Schlagzeuger, weil er eine Freundin mit „nicht aus unserem Kulturkreis stammenden Vorfahren“ hatte. PHILIPP MAUSSHARDT

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