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Happy End im Konfettiregen

Die Wahl Arnold Schwarzeneggers zum neuen Gouverneur Kaliforniens hat die altbekannten Politikmuster Amerikas durcheinander gewirbelt

aus Sacramento MICHAEL STRECK

Kalifornien, wo Volksentscheide so normal sind wie plastische Chirurgie, überrascht einmal mehr die Welt und bleibt sich damit treu. Allem Spott zum Trotz wählten die Bürger des „Golden State“ am Dienstag Arnold Schwarzenegger zu ihrem neuen Gouverneur. Bereits zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale gestand Amtsinhaber Gray Davis seine Niederlage ein.

Nachfolger Schwarzenegger, der stets unterschätzte Ex-Bodybuilder, Schauspieler, Betriebswirt auf dem zweiten Bildungsweg, Geschäftsmann, vielfache Millionär, Wohltäter für Jugendprojekte und Vater von vier Kindern, hatte ein Gespür für den richtigen Moment, um seinen Traum von einer politischen Karriere wahr zu machen. „Alles, was ich habe, verdanke ich Kalifornien“, rief er nach dem Sieg seinen Anhängern zu. „Ich kam hierher mit absolut nichts, und Kalifornien hat mir absolut alles gegeben.“

Der Sieg von „Arnie“, wie der 56-jährige Einwanderer aus Österreich hier liebevoll genannt wird, fiel unerwartet hoch aus. 54 Prozent der Wähler stimmten für die Abwahl von Davis, nur 46 Prozent dagegen. Auch bei der zweiten Frage auf dem Wahlzettel, wer Davis ersetzen soll, schlug Schwarzenegger sein Verfolgerfeld deutlich. Nach dem letzten Auszählungsstand votierten rund 48 Prozent für den Mann aus Graz, nur rund 32 Prozent für seinen gefährlichsten Gegner, den Demokraten, Vizegouverneur und Nachfahren mexikanischer Immigranten, Cruz Bustamante. Dieser musste verblüfft feststellen, dass die Latino-Wählerschaft, die bislang traditionell den Demokraten zugeneigt war, auf Schwarzenegger setzte. Auch Frauen ließen sich von den jüngsten Grabschvorwürfen nicht abschrecken und entschieden sich für den Hollywood-Star.

Es war es eine Wahl, die voller Ironie steckt und altbekannte Politikmuster durcheinander wirbelte. Amerika entdeckt auf einmal, dass Kalifornien und insbesondere Hollywood keine uneinnehmbare Festung der Demokraten sind. Andererseits: Konservative Republikaner hatten die Neuwahlen angeschoben und finanziert, um am Ende einen liberalen und moderaten Republikaner, verheiratet mit Maria Shriver, der Nichte von John F. Kennedy, ins Amt zu heben, nicht zuletzt weil sie erkannten, dass in Kalifornien mit Hardcore-Konservativismus kein Land zu gewinnen ist. Wie in einem Handstreich hat sich Schwarzenegger der Republikaner bemächtigt, die in den USA insgeamt erheblich nach rechts gedriftet sind, seit George W. Bush im Weißen Haus regiert.

Schwarzeneggers Machtübernahme in Kalifornien beobachtet die Bush-Regierung mit sehr gemischten Gefühlen. Die vier bevölkerungsreichsten Bundesstaaten – Kalifornien, Florida, Texas und New York – werden nunmehr zur Genugtuung des Weißen Hauses von Repulikanern regiert. Dies ist auf jeden Fall ein wichtiger psychologischer Sieg, für die Demokraten dagegen eine demoralisierende Niederlage im anstehenden Präsidentschaftswahljahr 2004. Die republikanische Partei könnte landesweit für unentschlossene und unabhängige Wähler wieder attraktiv werden. Dennoch hat „Arnolds“ Sieg einen bitteren Nachgeschmack. Nicht umsonst bemühte sich Bush noch bis zum Wahltag deutlich, zu Schwarzenegger auf Distanz zu gehen. Er will nicht mit einem Mann mit dubioser Vergangenheit in Verbindung gebracht werden. Seinen Bemühungen, bei Frauen und jüdischen Organisationen Boden gutzumachen, könnten durch die Vorwürfe sexueller Belästigung und fragwürdiger Hitler-Bewunderung Schaden nehmen.

Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Anschuldigungen gegen Schwarzenegger nach der Wahl verstummen werden. Viel wird nun davon abhängen, ob es ihm gelingt, vor allem die Kritik an seinem Verhalten gegenüber Frauen zu entkräften. Ohnehin stellt sich die Frage, wie lange Schwarzenegger seine Popularität halten kann angesichts der gravierenden Probleme im Land. Bei der Lösung eines der heißesten Probleme, der hohen Staatsverschuldung, sind ihm weitgehend die Hände gebunden, nachdem die Kalifornier einst per Volksentscheid festlegten, dass ein fixer Prozentsatz des Budgets für Bildung ausgegeben werden muss. Er steht vor der heiklen Frage, wie er die Finanzen saniert, ohne die Steuern zu erhöhen (was er versprochen hat) und bei wichtigen Sozialausgaben zu kürzen (was er ebenfalls gelobt hat). Zudem verfügen die Demokraten im kalifornischen Parlament über eine satte Mehrheit, und fast alle höheren Staatsdiener sind Demokraten. Nach einem aggressiv geführten Wahlkampf muss er Kompromissbereitschaft signalisieren. Ein erster Schritt der Versöhnung ist gemacht: Bustamante soll seinen Posten als Vizegouverneur behalten.

Unklar ist zudem, wie die Demokraten auf die demütigende Schlappe reagieren. Die politische Atmospäre ist so sehr aufgeladen und polarisiert, dass die Verlierer einen „Recall-Recall“ anzetteln könnten. Der unterlegene Davis appellierte daher noch in der Wahlnacht an seine Parteifreunde, zum Wohle Kaliforniens keine Revanche mit einem neuen Bürgerbegehren zu nehmen. Auch wenn sich letztlich die kühlen Köpfe durchsetzen, ist die Debatte um die Schattenseiten der direkten Demokratie voll entbrannt. Immer mehr Experten und Politiker fordern klare Spielregeln, welches Fehlverhalten die Abwahl eines Gouverneurs rechtfertigt. „Das System ist extrem unzulänglich. Wir benötigen wasserdichte Definitionen“, sagte Senatorin Dianne Feinstein.

Bevor ab morgen entweder die Entmythologisierung oder eine weitere Erfolgsstory von „Arnold“ – die Revitalisierung Kaliforniens – beginnt, feiern seine Anhänger ihre Vorstellung von „power of the people“ und das Happy End eines wahren Hollywood-Films.

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