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Weniger Strafe ist diesmal mehr

Residenzpflicht vor Gericht: Flüchtling Sunny O. wird zu 15 Tagessätzen verurteilt – und so möglicherweise gehindert, den Weg durch die Instanzen zu machen

Bremen taz ■ „Das kommt eben alles daher, dass wir in einem faschistischen Staat leben“, erklärte ein junger Mann im Publikum seinem Nebensitzer. Dieser Analyse mochte Richter Wolfgang Rathke nicht folgen. Er befand, die Residenzpflicht für Asylsuchende sei durchaus im Einklang mit Grundgesetz und Genfer Flüchtlingskonvention. Und verurteilte den Angeklagten Sunny O. zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 7.50 Euro wegen Verstoßes gegen die Residenzpflicht. Das Vergehen: Der Flüchtling Sunny O. hatte im Mai 2001 den Landkreis Wolfsburg, in dem er gemeldet war, ohne Genehmigung verlassen und damit gegen die Aufenthaltsbeschränkung verstoßen. (taz berichtete)

Sunny O. bestritt die Tat nicht, erklärte vielmehr, noch wesentlich häufiger ohne Erlaubnis durch die Republik gereist zu sein – für ihn notwendige Akte zivilen Ungehorsams: „Es geht mir hier nicht um mich, sondern darum, dass wir Flüchtlinge behandelt werden wie Menschen.“

Laut Verteidigerin Gabriele Heinecke ist die Residenzpflicht ohnehin verfassungswidrig: „Jeder Flüchtling wird doch bei der Einreise elektronisch erfasst. Er hat doch gar keine Möglichkeit mehr, in zwei Landkreisen gleichzeitig Sozialhilfe zu beziehen oder unterzutauchen.“

Deswegen will Sunny O. auch Berufung gegen das Urteil einlegen – den Antrag gab er Richter Rathke gleich mit. Sein Ziel ist es, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen. Zunächst einmal aber muss die nächste Instanz – das Landgericht – die Berufung überhaupt annehmen. Bei einem Strafmaß von bis zu 15 Tagessätzen darf das Landgericht die Berufung aber auch ablehnen. Insofern war weniger Strafe diesmal mehr. Vom Richter durchaus so beabsichtigt. Er möchte nicht, dass Sunny O. mit seinem Fall den Weg durch die Instanzen geht: „Ich will keinen Märtyrer heranzüchten.“ Dorothea Siegle

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