: Zwei kleine Italiener
Neue Ungereimtheiten um Schill-Umweltsenator Peter Rehaag: Gemeinsamer Italien-Urlaub mit Bild-Redakteur, der Thema im PUA Filz ist. SPD will Akteneinsicht über Rehaags Nebentätigkeiten. Weiteres Senatsmitglied räumt Nebenjobs ein
von SVEN-MICHAEL VEIT
Billiger geht‘s nicht: Hamburgs Umweltsenator Peter Rehaag (Schill) und Bild-Redakteur Matthias Soyka sind gemeinsam in den Urlaub nach Italien geflogen. Am 19. September flogen sie nebst weiblichen Begleiterinnen vom Flughafen Lübeck-Blankensee mit dem Ryan-Air-Flug SR 4392 um 18.35 Uhr nach Bergamo, wie eine Augenzeugin der taz berichtete. Über die Identität der beiden Frauen sei sie sich „nicht vollkommen sicher“, so die Zeugin, aber darüber, dass die vier sich im Flughafen Bergamo zum Counter eines Mietwagenanbieters begaben.
Die offensichtlich enge Beziehung zwischen Senator und Bild-Redakteur dürften der Opposition in der Bürgerschaft weiter Auftrieb geben. Rehaag steht wegen dubioser Nebenjobs seit Wochen im Visier von SPD und GAL, Soykas Gattin Anne ist eine Schlüsselfigur im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Schwarzer Filz, der die Personalpolitik von Justizsenator Roger Kusch (CDU) untersucht (siehe Kasten).
Und Soyka selbst spielt eine bis heute nicht ganz geklärte Rolle in den Affären des am 19. August entlassenen Schill-Staatsrates Walter Wellinghausen. Er verfügte über Insider-Informationen über die so genannte Spionage-Affäre um SPD-Sprecher Christoph Holstein. Dieser war zu Jahresanfang verdächtigt worden, eine Sekretärin der Innenbehörde zur Amtsspionage angestiftet zu haben; Soyka wusste Details aus den internen Ermittlungsakten zu zitieren, bevor Holsteins Anwalt diese überhaupt zu sehen bekam. Innenstaatsrat Wellinghausen musste später einräumen, mit dem Springer-Journalisten über das Thema gesprochen zu haben.
Die Einstellung seiner Gattin Anne als Amtsleiterin in der Justizbehörde gilt der Opposition als Indiz für „Schwarzen Filz“. Senator Kusch hatte zugegeben, während des Bewerbungsverfahrens für die Stelle mit dem Ehepaar „Kaffee trinken“ gewesen zu sein. Seine Behauptung, es habe sich um ein „übliches Hintergrundgespräch mit einem Journalisten“ gehandelt, erklärte allerdings nicht die Anwesenheit von Soykas Gattin.
Die Nebentätigkeiten von Senator Rehaag werden demnächst offiziell die Bürgerschaft beschäftigen müssen. Die SPD-Fraktion wird, so ihre Abgeordnete Monika Schaal, die Vorlage sämtlicher Akten fordern. Ein entsprechender Antrag werde spätestens Anfang November im Parlament eingebracht werden, um „endlich dem Versteckspiel ein Ende zu bereiten“.
Denn mehrere Anfragen von Schaals und dem GAL-Fraktionsvize Christian Maaß beantwortete der Senat gestern ausweichend oder gar nicht. Unter Berufung auf „die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht von Herrn Senator Rehaag sowie schutzwürdige Interessen weiterer Beteiligter“ weigerte sich der Senat beharrlich, die Identität einer Liechtensteiner Firma zu lüften, in deren Verwaltungsrat der frühere Wirtschaftsanwalt Rehaag noch nach seinem Amtsantritt als Senator saß. Nebentätigkeiten aber sind Regierungsmitgliedern laut Art. 40 der Hamburger Verfassung untersagt.
Rehaag hatte im September Positionen bei fünf Unternehmen zugegeben, in allen Fällen aber habe es sich um die unentgeltliche Abwicklung früherer Tätigkeiten gehandelt. Die Senatskanzlei erklärt dazu, informiert gewesen zu sein und nichts zu beanstanden zu haben.
Gestern räumte sie auf eine der Anfragen Schaals jedoch einen neuen Fall ein. Am 15. September habe „ein weiterer Senator schriftlich eine Tätigkeit außerhalb des Senats angezeigt“, konkrete Details werden nicht genannt. Postwendend reichte die SPD-Abgeordnete noch gestern eine erneute Anfrage an, um „mehr Scheibchen von der Wahrheit“ zu erfahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen