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Eckhoff verliert vor Gericht

Hamburger Oberverwaltungsgericht: Der Bayerische Verfassungsschutz versuchte das Gericht zu täuschen. Bremer CDU-Politiker Eckhoff fiel auf die Fälschung der Bayern rein

Bremen taz ■ Für den Bremer CDU-Politiker Jens Eckhoff und gleichzeitig für den Bayerischen Verfassungsschutz gab es gestern eine schallende Ohrfeige vom Oberlandesgericht Hamburg: Eckhoff habe „unwahre“ Behauptungen über die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) aufgestellt, bestätigte das Gericht eine erstinstanzliche Entscheidung. Die CDU müsse die unwahre Behauptung aus dem Pressearchiv ihrer Homepage entfernen. Und der Bayerische Verfassungsschutz sei erwischt worden bei dem Versuch, „das Landgericht Hamburg zu täuschen“.

Es geht um die Behauptung Eckhoffs, bei der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs handele es sich um eine „islamisch-extremistische Gruppierung“, mit der man nicht – wie Bürgermeister Henning Scherf es getan hatte – reden dürfe. Zum Beweis bezog sich Eckhoff am 14. Dezember 2002 auf eine alte Broschüre des Bayerischen Verfassungsschutzes, in der sich die Beweisführung auf ein Zitat beschränkt: „Für uns gibt es drei Feinde. Der Feind Nummer eins sind die Christen. Der zweite Feind sind ebenfalls die Christen. Der Feind Nummer drei sind abermals die Christen.“

Die Bremer CDU-Fraktion hatte diese Sätze zur Begründung ihrer Scherf-Kritik zitiert. Auf Nachfrage der taz hatte das bayerische Innenministerium sich im Januar 2003 geweigert, anzugeben, wer diese Sätze wann gesprochen haben soll – beim Amt gebe es einen „Quellenschutz“, hieß es. Mit einem anonymen Zitat eine ganze Gruppierung zu charakterisieren sei „eher nach der Art von schlechten Schüleraufsätzen“, kritisierte die taz damals das Niveau der geistigen Auseinandersetzung der CDU mit der islamischen Gemeinschaft.

Das Urteil des Hamburger Oberlandesgerichtes klingt in diesem Punkt viel schärfer. Vor dem Hamburger Landgericht nämlich hatte der Bayerische Verfassungsschutz „ohne Angabe von Datum, Ort und Person“ behauptet, das Zitat stamme von einem Redner der IGMG. Vor dem Oberlandesgericht nun legte der Verfassungsschutz ein „Behördenzeugnis“ vor, nach dem der Satz im Jahre 1989 gefallen sei. Damit sieht das Gericht den Tatbestand der Täuschung erfüllt: Die IGMG ist erst im Jahre 1995 gegründet worden, „also kann es kein IGMG-Redner gewesen sein“.

Beim Bayerischen Verfassungsschutz scheint man geahnt zu haben, dass die alte Broschüre unseriös zusammengeschustert worden ist: Sie wird seit Jahren nicht mehr „verbreitet“. Damit entgeht der Bayerische Verfassungsschutz einer Unterlassungsklage seitens der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs. Nur der Bremer CDU scheint man dies nicht gesagt zu haben.

Jens Eckhoff erklärte gestern, er müsse erst einmal das schriftliche Urteil studieren, bevor er sich dazu äußern könne, welche Schlussfolgerungen er ziehe. Eckhoffs Anwalt in dem Verfahren gegen Milli Görüs war übrigens – bis zu seiner Wahl in den Senat – Thomas Röwekamp, heute Innensenator und damit politisch verantwortlich für den Bremer Verfassungsschutz.

kawe

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