: Supreme Food für Flüchtlinge
Im Kreis Kleve sollen Asylsuchende abgeschreckt werden: Immer mehr Gemeinden stellen von freier Essenswahl auf kontrollierte Rationen um. Flüchtlingsrat und Kirchen protestieren gegen die Praxis
VON NATALIE WIESMANN
Die Gemeinden im Kreis Kleve machen ihren Asylbewerbern zunehmend das Leben schwer: Statt Bargeld oder Gutscheinen bekommen die Betroffenen in einigen der CDU geführten Kommunen Essenspakete. Andere – wie die Stadt Kleve, Rees und Issum – haben seit ein paar Monaten auf ein Shop-System umgestellt, in der Flüchtlinge nur noch zwei Mal wöchentlich in einem für sie eigens bestimmten Shop einkaufen können. Nun ist Anfang Juni auch die Gemeinde Kranenburg auf das Shop-System umgestiegen.
In der niederrheinischen Kleinstadt hat der CDU dominierte Rat gegen die Stimmen der Opposition für das neue System gestimmt, weil „festgestellt wurde, dass das Bargeld von vielen Asylbewerbern zweckfremd und nicht zu Sicherstellung des Lebensunterhalts verwendet wird.“ So würde das Geld oftmals an Verwandte in die Heimatländer überwiesen oder in „teure Kommunikationstechnik investiert“, heißt es in der Begründung. Außerdem wolle die Stadt verhindern, dass die Betroffenen mit dem Geld Anwaltskosten zahlen können, um hier zu bleiben, gibt Sozialamtsleiter Willi Fleskes zu. Sachleistungen hätten, dem Asylbewerberleistungsgesetz zu Folge, Vorrang vor Bargeldzahlungen, so Fleskes.
Um die Ausgaben besser zu kontrollieren, hat das Sozialamt für jeden der 35 AsylbewerberInnen in Kranenburg ein wöchentliches Punktekonto ermittelt. Davon dürfen die Betroffenen sich zwei Mal in der Woche in einem rollenden Shop der Firma „Supreme Food Service“ Nahrungsmittel kaufen. Die Firma mit Sitz in Süddeutschland betreibt alle entsprechenden Läden im Kreis Kleve und ist normalerweise für die Versorgung amerikanischer Soldaten im Ausland zuständig.
„Es gab nie einen Mitbewerber, weiß Pfarrerin Christa Wolter, die im Kreis Kleve für Asylsuchende zuständig ist. Sie will prüfen, warum die amerikanische Firma sich so konkurrenzlos etabliert. Die Spezialläden würden die Familien noch mehr isolieren: „Gerade für die Frauen ist das Einkaufen oft die einzige Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen“, weiß sie. Mit der katholischen Kirche zusammen hat Wolters in der Stadt Kleve Protest organisiert, mit kleinem Erfolg: Die Asylbewerber, die von anderen Stadtteilen mehrere Kilometer zum einzigen Shop laufen mussten, bekommen vom Sozialamt jetzt die Fahrkarte bezahlt. „Das ist aberwitzig, damit steigen die Kosten für die Stadt enorm.“ Denn auch die Lebensmittel seien durch die Shops teurer geworden. An diesem Punkt hoffen die Unterstützer, die Stadt umzustimmen. „Wir haben ein Gespräch mit dem Bürgermeister angesetzt“, sagt die Pfarrerin. Auch in Kranenburg protestiert die Kirche, die Chancen auf Erfolg hält sie für gering: „Wir leben hier in einer durch und durch schwarzen Region“, sagt Wolters. Etwa eine Familie pro Woche würde im Kreis Kleve abgeschoben.
Auch in der Kleinstadt Rees wird Stimmung gemacht: „Sie können sich gar nicht vorstellen, was das für ein Missbrauch stattfindet“, sagt Andreas Mai, Leiter des Fachbereichs Soziales, der taz. Er lobt die Politik seiner Stadt weil durch die Umstellung auf das neue System ein Drittel der früheren Bezieher „einfach weggefallen“ sind. So würde die Stadt Rees 120.000 Euro im Jahr sparen. Außerdem würde jetzt gewährleistet, „dass auch die Kleinen etwas zu essen bekommen.“ Das hält Andrea Genten vom Flüchtlingsrat NRW für eine Ausrede. Außerdem seien per Gesetz „ausdrücklich auch Leistungen in Form von Bargeld zugelassen“. Genten hofft auf eine Wendung im Kreise Kleve: In Viersen und in Berlin habe man das Shop-System bereits wieder abgeschafft.
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