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Bonn will Verluste am Hafen privatisieren

Die Stadtwerke wollen für den Rheinhafen eine Betriebsgesellschaft gründen, bei der sie nur Minderheitsgesellschafter werden. Doch bei einem Jahresdefizit von rund 500.000 Euro hat sich noch kein Privatinteressent gemeldet

Bonn taz ■ Für den Weiterbetrieb des Rheinhafens im Bonner Stadtteil Graurheindorf versuchen die Bonner Stadtwerke (SWB) jetzt, private Investoren an Land zu ziehen. SWB-Geschäftsführer Hermann Zemlin schlug dem Aufsichtsrat Ende vergangener Woche die Gründung einer neuen Hafenbetriebsgesellschaft vor. Bisher liegen die Geschäfte allein bei den SWB, die wiederum zu hundert Prozent eine Holding der Stadt Bonn sind. Das Modell des SWB-Chefs sieht hingegen eine Betreibergesellschaft vor, in der die Stadtwerke nur noch Minderheitsgesellschafter sein werden. Mit 25,1 Prozent der Anteile werden sie an der zu gründenden Betriebsgesellschaft eine so genannte „qualifizierte Minderheitsbeteiligung“ halten, die restlichen 74,9 Prozent sollen Privatunternehmen angeboten werden.

Konkretere Gespräche über diese Pläne werden voraussichtlich Ende Juni stattfinden. Werner Schui, Pressesprecher der Stadtwerke, zweifelt nicht daran, dass die „Bonner Hafen Betriebs GmbH“ dann innerhalb kürzester Zeit Wirklichkeit wird. „Im Aufsichtsrat besteht breiter Konsens darüber, dass dies der richtige Weg ist“, so Schui.

Der Grund für die Bemühungen um eine Gesellschaft mit privater Beteiligung ist einmal mehr das liebe Geld. Der Hafenbetrieb ist nach Aussage Schuis für die SWB ein „Zuschussgeschäft“. Das Defizit belaufe sich jährlich auf rund 500.000 Euro. Eine Summe, die der „Bonner Bürger tragen muss“, sagt Schui. Und weiter: „Die Verluste sind in der Vergangenheit sozialisiert, die Gewinne hingegen privatisiert worden. Das wollen wir in Zukunft nicht mehr.“ Schui betont, dass Grundstücke, Gebäude und Anlagen im Eigentum der Stadt Bonn bleiben und lediglich an die neue Gesellschaft verpachtet werden. In deren Händen soll künftig das Umschlaggeschäft liegen, außerdem ist sie für Investitionen in die Infrastruktur zuständig.

Bislang zahlen die Logistikunternehmen lediglich eine Benutzungsgebühr für die Hafenanlage und fahren mit den Gewinnen davon. Die Gebühr deckt jedoch nicht die Kosten. Mit dem neuen Modell erhofft man sich höhere Gewinne durch die Pachteinnahmen. Wegen der verringerten Beteiligung tragen die SWB außerdem künftig nur noch einen Teil möglicher Verluste.

Den acht von 90 Hafenmitarbeitern, die für die SWB tätig sind, soll freigestellt werden, ob sie zur „Hafen Betriebs GmbH“ wechseln wollen. Für diesen Fall soll ihnen jedoch ein Rückkehrrecht gewährt werden.

„Die Partner stehen nicht grade Schlange“, fasst der Pressesprecher die bisherigen Bemühungen zusammen, Interessenten für die neue Gesellschaft zu finden. Verhandelt wird noch mit der Rhenus Logistics Gruppe, außerdem liebäugelt man bei den Stadtwerken mit einer Beteiligung durch die Bonner Hafen Spedition „Am Zehnhoff-Söns“. Zur Frage, welche Investitionskosten auf etwaige Interessenten zukommen, kann Schui keine Angaben machen.

Folgt man den Ausführungen des SWB-Sprechers, dann ist die Tatsache, dass die Interessenten den Stadtwerken nicht gerade die Türe einrennen, höchst erstaunlich. Ein „kleiner, aber effizienter Standort“, sei der Bonner Hafen, mit ständig steigenden Umschlagzahlen und von der regionalen Wirtschaft „rege genutzt“. 433.000 Tonnen Güter wurden im vergangenen Jahr vom Fluss auf trockenen Boden gehievt, insgesamt legten 1.357 Schiffe in Graurheindorf an. Für die Stadtwerke betont ihr Sprecher, dass man den Hafen „unbedingt“ erhalten wolle. Dies sei ein wichtiger Beitrag zur Wirtschaftsförderung in der Region.

Martin Ochmann

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