: Scharon bastelt sich Mehrheit
Israels Premier entlässt zwei Minister, die am Sonntag gegen einen Gaza-Rückzug stimmen wollten. Arbeitspartei deutet Unterstützung bei Misstrauensvotum an
JERUSALEM taz ■ Zwei Tage vor der Abstimmung im Kabinett über den unilateralen Rückzug aus dem Gaza-Streifen hat Israels Premierminister Ariel Scharon zwei Minister entlassen und sich damit eine knappe Mehrheit in der Regierung gesichert. Transportminister Avigdor Liebermann und Tourismusminister Benni Elon, beide von der rechten Partei Nationale Union, wurde das Kündigungsschreiben per Boten zugeschickt.
Liebermann bezeichnete die Kündigung nach Erhalt des Briefes als ein „Signal der Schwäche“ Scharons. Elon kündigte hingegen an, alles zu tun, damit ihm der Brief nicht persönlich ausgehändigt werden könne, da die Kündigung erst 48 Stunden nach Erhalt rechtskräftig werde. Liebermann und Elon lehnen die Räumung jüdischer Siedlungen grundsätzlich ab. Nach Scharons Rückzugsplan sollen alle Juden bis Ende 2005 aus dem Gazastreifen evakuiert und vier kleinere Siedlungen im Westjordanland aufgelöst werden. Scharon genießt hierfür nur bedingte Rückendeckung vonseiten der eigenen Partei. Drei führende Minister wollen den Plan nicht unterstützen. Zusätzlich problematisch für Scharon ist, dass er nach Entlassung der Nationalen Union aus der Koalition in der Knesset (Abgeordnetenhaus) keine Mehrheit mehr hat. Aus den Reihen des national-religiösen Koalitionspartners NRP kam bereits der Ruf, aus Solidarität mit der Nationalen Union ebenfalls die Regierung zu verlassen.
Am kommenden Montag steht Scharon das erste Misstrauensvotum unter veränderten Vorzeichen bevor. In der Arbeitspartei kristallisiert sich die Position heraus, für Scharon zu stimmen, vorausgesetzt, dass der Abzugsplan am Sonntag verabschiedet wird. Die neue linke Partei Jachad unter dem Vorsitz von Exjustizminister Jossi Beilin kündigte hingegen an, das Misstrauensvotum zu unterstützen.
Unveränderte Unterstützung ist Scharon vonseiten Ägyptens und der USA sicher. Israels Außenminister Silvan Schalom wird in der kommenden Woche nach Kairo reisen, um dort über die ägyptische Rolle nach dem Abzug zu beraten. US-Präsident George W. Bush bezeichnete den Gaza-Plan als „historische Chance“, um „an der Seite Israels einen palästinensischen Staat zu errichten“. SUSANNE KNAUL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen