: Multifunktionales statt Reitstallmief
Endgültiges Aus für das Art Kite Museum im lippischen Detmold. Die Stadt will lieber schnell eine Veranstaltungshalle. Bei Leerstand droht Rückzahlung der 7,5 Millionen Euro Fördermittel des nordrhein-westfälischen Städtebauministeriums
VON PETER ORTMANN
Das art kite Museum in Detmold wird Ende Februar endgültig geschlossen. Fünf Jahre lang wurden in einem ehemaligen Flugzeughangar Ideen und Visionen des Abhebens dokumentiert. Auf über 2.000 Quadratmetern hatte auch eine Sammlung Papierdrachen, die von international renommierten Künstlern gestaltet wurden, eine Heimat gefunden. Paul Eubel, Leiter des Goethe-Institutes in Palermo und Eigentümer der Sammlung, hat den Vertrag über die Dauerleihgabe der Drachen jetzt gekündigt und zeigt die Werke nun ab Mai auf Sizilien. „In einer wunderschönen Halle direkt am Meer“, freut er sich. Für das von der Stadt ungeliebte Museum bedeutete das das Aus. Eubel selbst war vor fünf Jahren als Direktor gescheitert, hatte versucht, geringe Besucherzahlen mit gefälschten Eintrittskarten zu schönen und kam damals mit seinem Abgang einer Kündigung der Stadt zuvor.
Was jetzt aus dem Flughangar wird, der in den 1930er Jahren gebaut wurde, ist noch nicht sicher. „Das wird kein Museum mehr sein“, sagt Hartmut Benkmann, Geschäftsführer der stadteigenen Hangar 21 GmbH, die Eigentümer des Geländes ist. Dafür würden sich zu wenige Besucher interessieren. Detmold wolle eine multifunktionale Veranstaltungshalle für Konzerte, Messen und Sportereignisse: „Wir haben nur etwas, was wir Stadthalle nennen“, sagt Benkmann, doch der historische Reitstall fasse nur 500 Besucher. Welchen Umfang der Umbau haben wird, könne er noch nicht sagen: „Wir sind zwar nicht in der Haushaltssicherung, aber auch Detmold hat kein Geld.“
Dabei hat gerade das Land NRW ein Interesse daran, dass die Halle weiter bespielt wird. 7,5 Millionen Euro Fördermittel sind damals für den Umbau vom NRW-Städtebauministerium geflossen. Die Summe müsste bei einem Leerstand zurückgezahlt werden. Aber nicht komplett, sagt Geschäftsführer Benkmann, fünf Jahr habe man bereits abgewohnt: „Wenn wir nichts tun, werden wohl noch fünf Millionen Euro fällig.“ Mit dem Ministerium habe die Stadt bereits Rücksprache gehalten. „Die verlangen irgendeine Nutzung im kulturell-sozialen Bereich“, sagt Benkmann, doch das werde so schnell nicht gehen. Ein privater Investor sei nicht zu finden, ist er sich sicher. Auch den Betrieb des art kite Museum hätte jahrelang ein Mäzen finanziert. Wenn aber die Drachen im März die Halle verlassen hätten, könne schon mal die eine oder andere Veranstaltung dort stattfinden. Da sei ja nichts renovierungsbedürftig.
Im Museum ist man mit dieser Entwicklung nicht zufrieden. Beklagt mangelnde Unterstützung durch die Stadt, schließlich sei von Seiten der art kite museum GmbH keine Kündigung der vertraglichen Vereinbarungen mit der Stadt erfolgt. Eubel-Nachfolgerin Inga Hagen trat damals als Museumschefin mit einem neuen Konzept an. Sie hatte erkannt, dass die Künstlerdrachen allein nicht attraktiv genug sind und wandelte den Hangar in ein Museum für Kunst und Flugobjekte um, in dem auch zeitgenössische Kunst gezeigt wurde. Im letzten Jahr brachte die interaktive Ausstellung „Abheben! 1000 Träume vom Fliegen“, für das Ministerpräsident Peer Steinbrück die Schirmherrschaft übernommen hatte, rund 20.000 Besucher nach Detmold. „Es war ein gutes Jahr für uns“, sagt Museumssprecherin Jennifer Böhl. Das man jetzt schließen müsse, läge nicht an den nackten Zahlen. Für das nächste Jahr sei bereits eine Ausstellung mit Arbeiten von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely geplant gewesen. Doch die Stadt wolle wohl lieber die Veranstaltungshalle.
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