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Die Türkei versucht sich als Vermittler

Außenminister Gül besucht Israel und die palästinensischen Gebiete und überbringt dabei eine Botschaft aus Syrien. Die Regierung in Ankara strebt eine Brückenfunktion zwischen dem Westen und der islamischen Welt an

ISTANBUL taz ■ „Es ist noch zu früh, über eine mögliche Rolle der Türkei im Nahost-Friedensprozess zu sprechen, aber in der Zukunft sind viele Dinge denkbar.“ Zum Abschluss eines zweitägigen Besuchs in Israel und den palästinensischen Gebieten zog der türkische Außenminister Abdullah Gül ein verhalten positives Resümee. „Es gibt keine konkreten Vereinbarungen, aber die Dinge sind in Bewegung.“

Erstmals seit der Wahl der islamisch ausgerichteten AKP-Regierung vor gut zwei Jahren reiste in dieser Woche der türkische Außenminister nach Jerusalem, um die Türkei für eine neue Rolle im Nahen Osten zu positionieren. Noch vor wenigen Monaten hatte Ministerpräsident Tayyep Erdogan Israel wegen seiner militärischen Angriffe im Gaza-Streifen scharf angegriffen und von Staatsterrorismus gesprochen, doch mittlerweile scheint Ankara sich auf eine mögliche Vermittlerrolle vorzubereiten.

Der Besuch Güls diente deshalb vor allem dazu, Israels Regierung zu versichern, dass auch die islamische AKP an den traditionell guten Beziehungen der Türkei zu Israel nichts ändern will. Das hatte sich aber in den letzten zwei Jahren aller Rhetorik zum Trotz auch schon daran gezeigt, dass die militärische Zusammenarbeit ohne Unterbrechung weiterging und auch die Verhandlungen über den Verkauf von Trinkwasser an Israel fortgesetzt und zu einem Ende gebracht worden waren. Jetzt hat Ankara sich vorgenommen, seine guten Beziehungen zu beiden Konfliktparteien in den Dienst einer Verständigung zu stellen. Gül reiste mit einer Botschaft des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nach Israel, über die zunächst keine Details bekannt wurden, abgesehen von dem generellen Wunsch der Syrer, die Verhandlungen mit Israel wieder aufzunehmen.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon reagierte auf die Botschaft mit der Forderung, Damaskus möge als Zeichen seines guten Willens erst einmal verschiedene Büros palästinensischer „Terrororganisationen“ schließen. Doch Gül zeigte sich optimistisch, dass in absehbarer Zeit doch Verhandlungen in Gang kommen könnten. Auch für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen mit den Palästinensern beharrte Scharon bei seinem öffentlichen Auftritt auf der „vollständigen Liquidierung aller terroristischen Aktionen gegen Israel“ als Bedingung für neue Gespräche.

Trotzdem begrüßten die palästinensischen Führer, die anschließend mit Gül zusammenkamen, die türkische Initiative. Der palästinensische Außenminister Nabil Schaat sagte, die Türkei mit ihren guten Beziehungen zur Europäischen Union, den USA und Israel könnte eine wichtige Rolle im Friedensprozess übernehmen.

Der Besuch Güls in Israel gehört zu den Schritten, die die Türkei im Sinne einer Brücken- und Vermittlerfunktion zwischen dem Westen und der islamischen Welt jetzt zunehmend forciert. Zum 1. Januar hat erstmals in der Geschichte der Organisation Islamischer Staaten (OIC) ein Türke den Vorsitz übernommen. Seit Mittwoch tagt in der Türkei bereits der Wirtschaftsausschuss der OIC, um über eine Intensivierung des Handels untereinander und mit dem Westen zu diskutieren.

JÜRGEN GOTTSCHLICH

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