piwik no script img

Alles muss raus

Die Kieler Fotografin Susanne Ludwig hat sich von den Räumen insolventer Unternehmen eigene Bilder gemacht – und wurde dafür mit dem Deutschen Studienpreis ausgezeichnet

Die Schreibtischschubladen im Büro der Nordischen Stahlwerke stehen noch offen, jemand hat nachgeschaut, ob noch was Brauchbares drin war – aber die Schubladen wieder zu schließen, das war die Mühe nicht mehr wert. Denn dieser Schreibtisch hat erstmal ausgedient, genauso wie die Angestellten, die hier arbeiteten: Firma Pleite, nichts geht mehr. Hier gibt es nur das Gestern, von dem heute niemand mehr etwas wissen will.

„Insolvenz – Alles muss raus“ heißt die Arbeit der 29-Jährigen Fotografin Susanne Ludwig, mit der die gebürtige Hannoveranerin ihr Kommunikationsdesign-Studium an der Muthesius-Hochschule in Kiel abgeschlossen hat. Ludwig untersucht in dieser Arbeit die Phasen, die die Räume im Zuge einer Insolvenz durchlaufen. In einer ersten Phase hat sie die Abverkäufe besucht, in der letzten Phase fand Ludwig nur noch „Insolvenzruinen“ vor. „Die Arbeit bezieht sich ausschließlich auf den Raum“, sagt Ludwig. Aber gleichzeitig erzählen die Bilder die Geschichten eines vergangenen Arbeitsalltags, die Geschichten von Menschen, die hier ihre Zeit verbrachten – was unter anderem die Jury des Deutschen Studienpreises beeindruckt hat. Beim diesjährigen Wettbewerb zum Thema „Mythos Markt?“ wurde die Arbeit mit einem der ersten Preise ausgezeichnet.

Ihr Studium hat Susanne Ludwig mittlerweile beendet und arbeitet für eine Kieler Werbeagentur, bei der ihr Job unter anderem darin besteht, die Stärken von Unternehmen ins Bild zu setzen. Ironie des Schicksals. Und die Kunst? „Hauptberuflich freie Projekt machen wäre schön“, sagt Ludwig. „Aber damit verdient man kein Geld.“ Deswegen, so Ludwig, bleibe ihr derzeit nur eines: Freie Projekte machen – aber erst nach Feierabend.          kli

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen