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D O K U M E N T A T I O N Warum, Herr Präsident?

■ Auszüge aus: „Wir kehren zurück, wenn man unsere Mörder verurteilt“ / Offener Brief guatemaltekischer Flüchtlinge aus den mexikanischen Orten Campeche, Quintana Roo und Chiapas an die mexikanische Tageszeitung Lu Jornada

1. Die Menschenrechte wurden nicht respektiert: In den fünf Monaten ihrer Regierung wurden mehr als 140 Morde begangen, und es gab Entführungen. 2. Es gibt keine freie Meinungsäußerung. 3. Die paramilitärischen Banden bestehen mit ihrer Genehmigung unter anderem Namen weiter. 4. Die Mehrheit der Bevölkerung leidet weiter an Hunger und Elend, da sie weder über Boden noch reale Einkünfte verfügt. 5. Die Zivilpatrouillen, Entwicklungspole und Modelldörfer bestehen weiter, in welche die Bevölkerung zwangsweise umgesiedelt wird. Wir, Herr Präsident, wurden in den Jahren 1981, 1982, 1983 unter den Regierungen Romeo Lucas Garcia, Efrain Rios Montt und Mejia Victores brutal massakriert. Während der 16 Jahre, in denen wir in Gebirgszonen ohne Straßen lebten - in El Quiche, Coban, Huehuetanango und Peten - mußten wir unter großen Opfern leben. Für Sie und Ihre Freunde ist es leicht zu sagen, wir sollten zurückkehren, da Demokratie herrsche; für Sie ist es leicht gesagt, wir sollten vergessen, was passiert ist. Aber wir können nicht vergessen, wie das Militär unsere Dörfer und Kooperativen niedergebrannt hat, wir vergessen auch nicht, wie Gläubige während einer religiösen Feier vom Militär eingeschlossen und durch angezündetes Benzin Kinder, Frauen und Männer bei lebendigem Leib verbrannt wurden; wir können nicht vergessen, wie die Soldaten unsere Mütter, Töchter oder Frauen vergewaltigten. Wir können nicht vergessen, wie das Militär unsere Tiere tötete; wir werden den Leidensweg unserer Flucht in die Berge nicht vergessen, wo viele vor Hunger starben. All das stand nicht in den internationalen Schlagzeilen. Wir wissen, daß sich die Dinge in Guatemala nicht geändert haben, obwohl es eine neue Regierung gibt. Das mörderische Militär regiert weiter und hat mehr Macht als Sie. An dem Tag, an dem Sie etwas im Sinne des Volkes machen und verändern wollten, würden Sie von den Reichen und den Militärs gestürzt, deshalb müssen Sie mitspielen und deshalb glauben wir nicht an die von Ihnen behauptete Demokratie in Guatemala. WIR FORDERN FÜR EINE DEMOKRATIE, IN DIE WIR ZURÜCKKEHREN KÖNNEN: 1. Durchführung eines Prozesses und Verurteilung der für die Massaker verantwortlichen Generäle, wie General Romeo Lucas Garcia und seines Bruders Benedicto Lucas, General Efrain Rios Montt, General Meja Victores, General Lobos Zamora, General Achupina und all derjenigen, die ander Zerstörung unserer Dörfer beteiligt waren. 2. Durchführung einer wirklichen Agrarreform und Aufhebung des Großgrundbesitzes. 3. Aufhebung der Zivilpatrouillen, weil sie paramilitärische Organisationen sind, Rekrutierung und Ableistung der Dienste zwangsweise durchsetzen. 4. Aufhebung der Modelldörfer und Entwicklungspole, Respektierung unserer Traditionen. 5. Finanzielle Wiedergutmachung für alle in unseren Dörfern agnerichteten Schäden. 6. Rückgabe unseres Bodens. 7. Gewährung eines Geleitschutzes durch eine internationale Menschenrechtskommission im Falle unserer Rückkehr.

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