Protest gegen Terroristengesetze

■ Arbeitsgemeinschaft der Strafverteidiger kritisiert die fehlende öffentliche Debatte zur geplanten Terroristengesetzgebung / Streiks könnten als Taten „terroristischer Vereinigungen“ gedeutet werden

Aus Bonn Oliver Tolmein

Nachdem die CDU/CSU–Fraktion die Kronzeugenregelung „ruhen läßt“, kommt auch die Debatte über das „Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus“ zur Ruhe. Zwar regt sich in der FDP noch verein zelter Unmut über die Verschärfung und Erweiterung des §129a, es ist aber nicht wahrscheinlich, daß das zu einer weitergehenden Einschränkung des vorliegenden Gesetzentwurfes führen wird“. Gestern hat die Arbeitsgemeinschaft der Strafverteidiger eine Pressekonferenz abgehalten, auf der die Anwälte ihren Protest gegen den neuen Gesetzentwurf zum Ausdruck brachten und kritisierten, daß die Öffentlichkeit bisher fast ausschließlich über die Kronzeugenregelung debattiert hat. Vor allem die Ausweitung und Verschärfung des Paragraphen 129a und die Wiedereinführung eines verschärften Paragraphen 130a (Anleitung zu Straftaten) werde den politischen Protest in der Bundesrepublik nachhaltig kriminalisieren. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung werde „schwerwiegend in die grundlegenden Rechte der Versammlungs–, Vereinigungs– und Meinungsfreiheit eingegriffen. Rechtsanwalt Michael Schubert aus Freiburg wies darauf hin, daß die Ausdehnung des Paragraphen 129a eine Abkehr vom Tatstrafrecht und die Hinwendung zu einem Täterstrafrecht zur Folge habe. Selbst Streiks könnten durch die neue Fassung gegebenenfalls als Taten einer „terroristischen Vereinigung“ gewertet werden. Es sei künftig nicht mehr notwendig, Einzelstraftaten nachzuweisen, wenn es gelinge, die Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ zum Anklagegrund zu machen. Und das geschehe - wie sich schon heute zeige - immer häufiger. Am 1.12. werden bayerische Strafverteidiger in München eine Veranstaltung durchführen. Titel: „Die Anti–Atom–Bewegung als terroristische Vereinigung?“.