Streiktag war ein Erfolg

■ Ausweitung der französischen Streiks gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung / Verkehrschaos in Paris / Stromversorgung teilweise lahmgelegt

Paris (afp/ap) -Die seit drei Wochen anhaltende Streikbewegung in Frankreich hat sich am Dienstag auf weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes ausgeweitet. Während der Schienenverkehr unverändert gestört war, führte der Ausstand eines Großteils der Pariser U–Bahn– und Busfahrer zu chaotischen Verhältnissen in den Straßen der Hauptstadt. Nach einer Sondersitzung seines Kabinetts erklärte Premierminister Jacques Chirac, die Regierung werde nicht von ihrer Politik abweichen. In Paris folgten unterdessen 40.000 Menschen einem Demonstrationsaufruf des kommunistischen Gewerkschaftsverbandes (CGT). Nach Schätzungen der Polizei dagegen nur 8 bis 10.000. Landesweit kam es infolge eines Streiks der Elektrizitätswerke bis zu zweistündigen Stromabschaltungen. Die Straßenampeln standen zeitweise still, und an der Pariser Börse, die auf die Arbeit von Computern angewiesen ist, wurden die Notierungen unterbrochen. Arbeitsniederlegungen wurden auch im Post– und Fernmeldewesen registriert. Außerdem waren die rund 140.000 zivilen Beschäftigten der Marinewerften und der Rüstungsfabriken sowie die Dockarbeiter zum Streik aufgerufen. Nach dem Scheitern der Gehaltsverhandlungen mit der Leitung der Pariser Verkehrsbetriebe (RATP) hatten die wichtigsten Gewerkschaften am Montag abend zum Streik aufgerufen. Ähnlich wie bei den Eisenbahnern, die sich am Dienstag am 20. Tag im Ausstand befanden, könnte der Ausstand der Bus– und U–Bahnfahrer verlängert werden. Nach Angaben der RATP fuhren nur 40 Prozent der Metro– und 25 Prozent der S–Bahnzüge (BER). Im Busverkehr waren 70 Prozent aller Fahrzeuge im Einsatz. Im Schienenfernverkehr verkehrten nur rund die Hälfte der Züge. Die französische Regierung trat am Dienstag morgen zu einer Sondersitzung des gesamten Kabinetts über die „wirtschaftliche und soziale Lage“ Frankreichs zusammen. Vor der Presse erklärte Chirac, die Regierung werde „auf dem eingeschlagenen Weg fortschreiten, ein Weg der Disziplin, aber auch der Solidarität... und der Hoffnung“. Als Ursache des Streiks gilt die erklärte Absicht der Regierung, zur Bekämpfung der Inflation die Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst in diesem Jahr auf drei Prozent zu begrenzen. Der französische Staatspräsident Franois Mitterrand, der noch in der vergangenen Woche eine Delegation streikender Eisenbahner empfangen hatte, sprach am Montag seinerseits von der Notwendigkeit der Inflationsbekämpfung. Nach Darstellung von Gewerkschaftsführern ist der Streik vom Dienstag als ein Zeichen allgemeinen Protestes gegen die konservative Regierungspolitik zu verstehen. Die CGT hat seit vergangenen Herbst schon mehrfach, zum Teil mit anderen Gewerkschaften, zu 24stündigen Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst aufgerufen. Die vergangenen Appelle zu „Aktionstagen“ wurden jedoch nur wenig befolgt.