: Für Datengesetz bei Gentechnik
■ Der hessische Datenschutzbeauftragte Simitis legte Jahresbericht vor /“Meldepflicht bei AIDS ist kontraproduktiv“ / Bundesregelung für „Sonderfälle“ angemahnt / „Detailbedenken“ gegen Volkszählung
Von K. P. Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - Der hessische Datenschutzbeauftragte Spiros Simitis hat sich in seinem gestern vorgestellten Tätigkeitsbericht klar gegen die Einführung der Meldepflicht bei AIDS ausgesprochen. „Die Meldepflicht, und das haben die Erfahrungen z.B. aus Schweden gezeigt, ist kontraproduktiv.“(siehe auch S. 1) Nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten bestehe auch bei der Gentechnologie die Gefahr, daß die Entwicklung am Datenschutz vorbeigehe, wenn der Gesetzgeber nicht umgehend handele. Manipulation des Einzelnen mit Hilfe von genetischen Registern müsse dabei ebenso verhindert werden wie etwa eine systematische Verwertung „genetischer Fingerabdrücke“ für sogenannte „Verwaltungszwecke“. Überhaupt forderte Simitis eine gesetzliche Regelung für alle „Sonderfälle“, da das Bundesdatenschutzgesetz nur einen allgemeinen Rahmen gesetzt habe. Insbesondere für die Polizei, für den Verfassungsschutz, für Patientendaten (Krebsregister) und bei der Sammlung von Daten für rein statistische Zwecke müßten endlich differenzierte Regelungen geschaffen werden. Sollten diese Regelungen nicht bis Ende 88 vom Gesetzgeber verabschiedet sein, dürften von den genannten Stellen keinerlei Daten mehr verarbeitet werden. Die im Bundesdatenschutzgesetz zugestandene Übergangsfrist dürfe nicht zur „Dauerregelung“ werden. Bedenken äußerte Simitis auch zur Durchführung der Volkszählung. Entgegen der Auffassung der hessischen Staatskanzlei warnte er erneut davor, Bürgermeister oder andere „Verwaltungsspitzen“ im Mai als Zähler einzusetzen, denn das könnte zu „Interessenkollisionen“ führen. Obgleich das Volkszählungsgesetz „verfassungskonform“ sei, hätten die Debatten um die Volkszählung gezeigt, daß breite Schichten der Bevölkerung ein „tiefes Mißtrauen“ gegen den Versuch des Staates hegten, zwangsweise persönliche Daten abzufragen. Simitis: „Das muß Anlaß für uns sein, darüber zu diskutieren, wie zukünftig eine begrenzte Volkszählung auf der freiwilligen Erhebungsbasis durchgeführt werden kann.“
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