: Prima: Auch die Sterne boykottieren
■ Unser Mann mit Draht zum Kosmos untersuchte die astrologischen Konstellationen zur Volkszählung / Die Sterne stehen äußerst schlecht für dieses gewagte Vorhaben: Außer Spesen nichts gewesen, meinen unsere Freunde im All
Aus höherer Warte Ch. Astrodada
Gegenwärtig - ich schreibe dies Ende April 1987 nieder - muß man kein Prophet sein, nicht einmal astrologische Prognostik bemühen, um voraussagen zu können, daß die Volkszählung vom Stichtag 25. Mai 1987 ein Fehlschlag wird. Astrologisch läßt sich einiges zur Volkszählung und ihren Problemen sagen. Wir wollen dazu die aktuellen Sternen–Konstellationen im Staatshoroskop der Bundesrepublik Deutschland heranziehen, außerdem die Konstellationen des 8. November 1985 (Datum des Volkszählungsgesetzes) und die Konstellationen des Stichtags der Volkszählung, 25. Mai 1987 - jeweils in Bezug auf das Staatshoroskop. Dieses Staatshoroskop wird berechnet aufgrund der Konstellation im Moment der Verkündung des Grundgesetzes (23. Mai 1949, 17 Uhr Bonn). Dem dritten Horoskophaus (ein Horoskop wird in zwölf Häuser unterteilt) werden Verkehrswesen, Post, Telekommunikation, Presse und dergleichen zugeordnet. Dinge also, die im engen und weiten Sinn mit Information und Kommunikation zu tun haben. Auch die Volkszählung hat mit Informationen zu tun, es werden Daten, Informationen erhoben. Saturn, Uranus und Neptun durchlaufen gegenwärtig dieses dritte Haus im Staatshoroskop. Saturn als Symbol für Hindernisse und Uranus als Symbol für Unruhe und Überraschungen bringen die Bereiche des dritten Hauses damit nachdrücklich und unter Spannungen ins Bewußtsein von Staat und Bürgern. Neptun gibt zusätzlich eine Note der Unklarheit, der Wirrungen und Irrtümer: Kommunikation läuft fehl, Lüge und Vertuschung, Mißbrauch können eine Rolle spielen. Diese Durchgänge sind von vornherein für das jetzige Zählvorhaben etwas problematisch. Betrachten wir nun weiter die für das laufende Jahr wirkenden Primärdirektionen (eine astrologische Berechnungsart, die speziell für Prognosen benutzt wird). Deutlich wird in diesem Sinne die Direktion des Aszendenten zum Pluto: die „individuellen“ Be dürfnisse des Staates und seiner Organe harmonieren nicht mit dem, was das Kollektiv (Pluto) wünscht und tut, mit anderen Worten: Vorhaben, die unmittelbar das Volk, das Kollektiv betreffen, wie die Volkszählung, sind breiter, öffentlicher Kritik ausgesetzt. Die Direktionen zu Uranus und die zum Saturn verweisen auf starke Spannungen, Konflikte, die jedoch nicht oder nur im Ansatz gelöst werden; es mag zu harten (Saturn) und heftigen (Uranus) Reaktionen seitens der staatlichen Or gane kommen, ohne daß die Spannungen wirklich weichen. Bei derartigen Überreaktionen mag denn auch die Verhältnismäßigkeit der Mittel, die der Staat im Einzelfalle einsetzen soll und darf, um eigene Rechtsansprüche durchzusetzen, auf der Strecke bleiben. Das Volkszählungsesetz wurde am 8. November 1985 verabschiedet. An diesem Tag sind die Planeten Uranus und Neptun im dritten Haus des Staatshoroskops. Die Thematik des dritten Hauses (siehe oben) in Bezug auf das Staatshoroskop ist an diesem Tag nicht ganz undeutlich. Man vermißt starke Beziehungen zu den Achsen (“sensible“ Punkte im Horoskop), die etwas über die „momentane Identität“ oder „Zielsetzung“ des Staates aussagen könnten. Ein Gesetz, dessen Durchführung eine Bestandsaufnahme und damit eine Widerspiegelung der Identität des Staates garantieren soll, woraus dann auch sichere Zielvorgaben folgen können, hätte wohl an einem anderen, günstigeren Tag verabschiedet werden müssen. Dem entspricht die Konjunktion des Mars an diesem und den folgenden Tagen mit dem Neptun im Horoskop der Bundesrepublik: Schwäche ist angezeigt, Wollen, dem jedoch kein wirklich zum Ziel führendes Handeln folgt. Die Durchführungsbestimmungen zum Volkszählungsgesetz legen fest, daß für die Zählung diejenigen Verhältnisse maßgebend sind, die am 25. Mai 1987 gelten. Saturn an diesem Tag weist eine Beziehung zu beiden Achsen des Staatshoroskops auf. Die Saturnaspekte mögen Schwierigkeiten andeuten, sei es in bezug auf die Erhebung als solche, sei es, was hartnäckige und langwährende Reaktionen seitens der Staatsorgane im Zusammenhang mit der Erhebung angeht. Die Saturn– und Jupiter–Aspekte zusammengenommen könnten darauf hinweisen, daß der Staat nun unter der Herausforderung, welche die öffentliche Kritik an der Volkszählung und die Boykottaufrufe darstellen, versucht, doch nach und nach das Ziel der Erhebung zu erreichen. Freilich mag man den Quadrat–Aspekt von Jupiter auf das Medium Coeli (höchster Punkt im Horoskop) auch so beurteilen, daß am Ende außer Spesen nichts gewesen ist. Wenn am Ende einer milliardenteuren Volkszählung wirklich nichts herauskommt - von den möglichen Gefahren eines Datenmißbrauchs, wie sie bei den Neptun–Dominanzen auch in der Luft liegen, einmal zu schweigen -, dann wäre das für das Ansehen der Republik sehr abträglich.
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