Prozeß–Beweismittel verschwunden

■ Hessisches Innenministerium gibt keine Auskünfte / Landesbildstelle erstattete Strafanzeige / Negativ könnte Wasserwerferbesetzung belasten / Grüner Landtagsabgeordneter vermutet absichtliches Beiseiteschaffen

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Das „Verschwinden“ eines zentralen Beweismittels im Frankfurter Sare– Prozeß hat inzwischen die Wiesbadener Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Die zuständige Landesbildstelle, aus deren verschlossenem Labor in der Nacht zum Montag ein Negativfilmstreifen „verschwand“, hat inzwischen Strafanzeige gestellt. Es ist das Negativ eines Fotos, das die im Sare–Prozeß wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Wasserwerferbesatzung belastet. Aller dings, so ein Mitarbeiter der Landesbildstelle, könne auch nicht ausgeschlossen werden, daß die Negative „versehentlich in den Papierkorb gefallen“ seien. Das Negativ spielt im Sare–Prozeß eine herausragende Rolle, da es zeigt, daß Günther Sare von zwei Wasserwerfern gezielt angegriffen worden war. Der angeklagte Wasserwerferkommandant Reichert hatte im Prozeßverlauf behauptet, daß dieses Bild eine „Manipulation“ sei. Um diese Behauptung auszuräumen, hatte das Gericht eine Vergrößerung des Fotos angeordnet und deshalb den Negativstreifen an die Landesbildstelle zur Bearbeitung weitergegeben. Aus dem hessischen Innenministerium war gestern keine Stellungnahme zu dem Vorfall zu bekommen. Eine Sprecherin verwies auf das Frankfurter Polizeipräsidium, das „auskunftsberechtigt“ sei. Dort zeigte man sich über diese Entscheidung aus dem Ministerium verärgert. Eine Stellungnahme war schließlich nicht zu erhalten. Für den grünen Landtagsabgeordneten von Plottnitz zeichnet sich ab, daß offensichtlich Beweismittel gegen belastete Polizeibeamte beiseite geschafft worden seien. Der Abgeordnete forderte die lückenlose Aufklärung und kündigte an, daß die Grünen mit den Berichtsanträgen auf Landtagsebene aktiv werden würden. tazintern