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Rheinhausen belastet Tarifverhandlungen

IG Metall will die Verhandlungen nicht mit dem Erhalt der Stahlstandorte verknüpfen  ■ Von Walter Jakobs

Mit großer Mehrheit lehnte die Tarifkommission der IG Metall in den letzten Tagen den Antrag ab, parallel zu den Tarifverhandlungen eine Streik-Urabstimmung einzuleiten. Doch ohne Streik, davon sind die Stahlkocher wohl zurecht überzeugt, haben sie keine Chance, die 35-Stunden-Woche durchzusetzen. Wie wenig kompromißbereit die Unternehmen sind, zeigt sich auch bei der Suche nach Ersatzarbeitsplätzen. Aus den versprochenen Beschäftigungsgesellschaften ist bislang nichts geworden.

„Wir brauchen keine wochenlangen Warnstreiks (...) Ich denke, die Zeit und die Situation sind reif (...) Wir wollen kampffähig werden, noch vor dem 24. Februar, vor dem Kanzlergespräch. Wer ist für die sofortige Einleitung der Urabstimmung?“

Kaum daß Theo Steegmann, zweiter Betriebsratsvorsitzender von Krupp-Rheinhausen, am 14.1. auf der großen IG Metall- Funktionärskonferenz zur diesjährigen Tarifrunde in der Eisen- und Stahlindustrie diese Frage gestellt hatte, streckten ca. 6.000 Menschen ihre Hände gen Himmel. Am nächsten Tag hieß es dann zwar in den IG Metall- „Stahlnachrichten“, daß Tausende die „Hände für Kampfmaßnahmen“ gehoben hätten, welcher Art die Maßnahmen aber seien, ließ das IGM-Blatt offen.

Nicht zufällig, denn das Stimmungsbild für eine Urabstimmung hatten die betrieblichen IGM-Funktionäre gegen den Willen der IGM-Führung kurzerhand selbst durchgesetzt. Drei Wochen nach diesem „Aufstand“ der IG Metall-Basis findet heute die 6. Tarifrunde in Krefeld statt – lediglich von Warnstreiks begleitet. Mit 77 gegen 22 Stimmen hat die große Tarifkommission die Einleitung der Urabstimmung abgelehnt. Dies, obwohl die gleiche Kommission das Arbeitgeberangebot als „unverschämt“ und „provokativ“ geißelte.

Während die IGM die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und eine fünfprozentige Lohnerhöhung fordert, hatten die Stahlindustriellen erstmal eine 14monatige Lohnpause „angeboten“. Im nächsten Jahr soll es dann 1,5 Jahren jeweils 2 und 3 Lohn geben. Ginge es allein nach den Stahlunternehmern, dann würden die Stahlkocher, begin nend im nächsten Jahr, bis 1992 eine Wochenstunde weniger arbeiten – ohne Lohnausgleich. Der arbeitsplatzschaffende Effekt wäre gleich Null.

Bei der Verkürzung der Arbeitszeit in einem Schritt auf 35 Wochenstunden erwartet die IG Metall unter der Annahme, daß die Hälfte des rechnerischen Arbeitszeitverkürzungseffektes wirksam wird, für die gesamte Stahlindustrie einen Beschäftigungseffekt für „mindestens 8.000 Arbeitsplätze“. Nach den Erfahrungen in der Metallindustrie scheint sicher, daß auf dem Verhandlungsweg ein solches Ergebnis nicht zu erreichen ist.

Ein Großteil der betrieblichen Funktionäre der IG Metall will deshalb die Urabstimmung. Ziel ist es, „den Kampf um den Erhalt der Standorte mit dem Kampf in dieser Tarifrunde zu verbinden“ (Theo Steegmann).

Eine Perspektive, die nicht nur den IGM-Vorstand schreckt. Auch auf der betrieblichen Ebene gibt es IG-Metaller, die es vorziehen zu schweigen und abzuwarten, weil sie glauben, daß die Zerschlagung anderer Standorte ihren eigenen Arbeitsplatz sicherer macht.

Neue Perspektiven für die deutsche Stahlindustrie erkunden in dieser Woche Betriebsräte aus allen Stahlkonzernen des Reviers in der Sowjetunion. „Auf eigene Faust“ , mit den Mitteln „der Diplomatie von unten“, so der Hoesch-Betriebsrat Wolf (SPD), will man neue Absatzmärkte erschließen. Eine Aktion, die selbst von den Vorständen der Stahlkonzerne wohlwollend beäugt wird.

In Rheinhausen geht unterdessen die Suche nach Alternativen zu dem Krupp-Vorstandskonzept weiter. Gutachter der IG Metall, die die Zahlen des Krupp-Vorstandes kontrolliert haben, wollen zusammen mit dem Betriebsrat und der IGM-Wirtschaftsabteilung am kommenden Wochenende eine Alternative entwerfen, die neben betriebswirtschaftlichen Aspekten auch eine Kosten- Nutzen-Rechung unter volks- und regionalwirtschaftlichen Gesichtspunkten enthält. Die Überprüfung der nackten betriebswirtschaftlichen Zahlen konnte offenbar das Krupp-eigene Zahlenwerk nicht erschüttern.

Die Rheinhausener Belegschaft, immer für besondere Aktionen gut, wird zusammen mit den Hattinger Thyssen-Kollegen die heutigen Warnstreiks nutzen, um das größte Thyssen-Werk in Duisburg-Hamborn zu „besuchen“.

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