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SPD–Arbeitnehmer gegen Lafontaine

■ AFA–Vorsitzender Dreßler: Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich nützt nur der „Kapitalseite“ Er will Erwerbsarbeit „im Zentrum der Politik behalten“ / DGB–Chef Breit verlangt neue Arbeitsplätze

Aus Wiesbaden Walter Jakobs

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen „Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen“ (AFA), Rudolf Dreßler, hat am Freitag die von Oskar Lafontaine (SPD) erhobene Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich scharf zurückgewiesen. Auf dem Bundesgonkreß seiner Organisation sagte Dreßler wört lich: „Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung mit Lohnkürzungen ist nichts anderes als der Kapitalseite die Möglichkeit einzuräumen, den gesamten Produktivitätsfortschritt für sich einzusacken.“ Wer das nicht erkenne, „hat nicht begriffen, wie Verteilungfragen in dieser Gesellschaft wirklich gelöst werden“. Dabei helfe auch kein Verweis auf die höheren Einkommens gruppen - nur die sollen laut Lafontaine verzichten - sagte Dreßler, denn tarifliche Arbeitszeitregelungen spielten, „von wenigen Ausnahmen abgesehen“, in diesen Gehaltsgruppen „ohnehin keine Rolle“. Auch das Beispiel der Lehrer und Pfarrer führe in die Irre, weil deren Bedingungen auf den großen tariflich geregelten Arbeitsbereich mit seinen 40.000 Tarifverträgen „nicht angewendet“ werden könnten. Die Finanznot der öffentlichen Hand sei kein Ergebnis von Tarifverhandlungen, sondern Resultat falscher Politik. Zur Verteidigung der Lafontaine–Vorschläge erhob sich in der anschließenden Diskussion nicht eine Delegiertenstimme. Auch die Thesen des saarländischen Ministerpräsidenten zur Grundsicherung und neuen Definition der Erwerbsarbeit fanden bei den Delegierten keine Gnade. Dreßler unter dem Beifall seiner AFA–Genossen: „Wir wollen die Erwerbsarbeit im Zentrum der Politik behalten. Wir wollen das, damit wir die Bedingungen in der Erwerbstätigkeit so verändern können, daß alle anderen Formen der Arbeit auch verbessert werden können.“ DGB–Chef Ernst Breit sagte während der Veranstaltung, wenn sich die Arbeitgeber verpflichten würden, bei fünfprozentiger Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich für Besserverdienende fünf Prozent mehr Arbeitsplätze zu schaffen, „wären die Gewerkschaften sofort dabei“.

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