: Zarte Selbstkritik und Keile für Bonn
Beim 33.Landesparteitag der rheinland-pfälzischen CDU zeigten sich die Delegierten ein wenig aufmüpfig / Diskussion über Wahlniederlage bei Landtagswahlen verlangt / Kohl schlägt Vogel für Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung vor ■ Aus Bad Dürkheim Felix Kurz
Laut gepfiffen hatte niemand, als der schwarze Riese aus Oggersheim am Samstag gegen 13 Uhr in die Salierhalle zu Bad Dürkheim einschritt. Doch für Kohl hielt sich beim 33.Landesparteitag der CDU Rheinland-Pfalz auch der Applaus in Grenzen. Kohl eröffnete den 428 Delegierten unter anderem, daß ihr Ministerpräsident im Nebenamt den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung übernehmen solle. „Es sollte doch niemand abgeschossen werden“, beschwichtigte der Kanzler. Schließlich gab es genügend Gerüchte, daß Vogel mit neuem Amt betraut - seinen Posten als Ministerpräsident aufgeben sollte.
Zu Beginn des Parteitages aber war zunächst ein bißchen Aufstand gegen die Parteioberen angesagt: Der Parteitag kippte die Tagesordnung. Statt zuerst über den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz zu diskutieren, wie Ministerpräsident Bernhard Vogel und die anderen Präsidenten es wollten, verlangte der Delegierte Diehl aus Mainz die längst überfällige Debatte über „uns“ und die zukünftige Organisationstruktur der CDU. „Wir müssen die Chance haben, das hier auszudiskutieren“.
Diehls Befürchtungen waren allzu verständlich. Ein ganzes Jahr benötigte die CDU, um das Debakel bei den Landtagswahlen - die CDU verlor die absolute Mehrheit endlich auf einem Parteitag zu bereden. Und jetzt sollten dazu auch drei Stunden zur Verfügung stehen.
So sehr sich auch Bernhard Vogel gegen die Änderung der Tagesordnung aussprach es nutzte nichts. „Was sich, angefangen mit dem Wahlergebnis, bislang aufgestaut hat“, interessierte eine Delegierte mehr als ein paar Kohlsche Worte. Großer Beifall. Der Trierer Bundestagsabgeordnete Günther Schartz, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, meldete sich ebenfalls zu Wort: er wolle hier „unbedingt auch über das Thema Flugbenzin diskutieren“.
Danach stimmten die Delegierten ab und erteilten der Regelung mit nur einer Gegenstimme eine Absage. Ein zarter Hauch Selbstkritik und Keile für Bonn, schwang eine Stunde lang in Vogels Rechenschaftsbericht. „Die Verlebendigung der Partei“ sei angesagt, so der CDU-Landeschef.Das konnte er haben. Stefan Schwarz, der Landesvorsitzende der Jungen Union forderte, die „Willensbildungsmechanismen in der Partei umzukehren“, und „es muß doch noch normale Talent und Jugendförderung bei der CDU geben wie im normalen Leben auch.“ Auch der einfache Delegierte, Heiner Geißler, kam zu Wort. Süffisant empfahl er dem Verband, sich einen „guten Generalsekretär“ zu suchen. Ganz anders, der Bundesminister für Dünnsäure-Verklappung, und Nuklearskandale, Klaus Töpfer: er hielt sich professoral zurück und sagte kein einziges Wort.
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