Willkommensbonbons für Ausiedler

Bonner Kabinett plant Sonderprogramm zur Integration der Aussiedler / Zuschüsse für Wohnungen geplant / Zinsgünstige Darlehen über 70.000 Mark pro Wohnung / Kohl will sich „persönlich kümmern“  ■  Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Wer heute eine Wohnung baut, sollte sie als Wohnung für deutschstämmige Aussiedler deklarieren. Mit zinsgünstigen Darlehen von jeweils 70.000 Mark pro Wohnung und direkten Zuschüssen will die Bundesregierung Bauherren dazu animieren, Wohnraum für Aussiedler zu schaffen. Mit 2,1 Mrd. Mark sollen im nächsten Jahr rund 30.000 Sozialbauwohnungen von höchster Stelle aus subventioniert werden. Nach Informationen des Berliner 'Tagesspiegel‘ wird die Bundesregierung voraussichtlich am 13.9. im Rahmen eines Sonderprogramms zur Integration der Aussiedler dieses Wohnungsbauprogramm beschließen.

Die Förderung aus Bonn soll daran gebunden sein, daß die Wohnungen tatsächlich an Aussiedler vermietet werden. Profitieren von dem Geschenk aus der Bundeshautpstadt sollen jedoch auch Vermieter schon bestehender Sozialwohnungen, wenn sie diese an Aussiedler vergeben. Unklar ist noch, ob auch Kanzler Kohl sein Oggersheimer Haus Aussiedlern aus dem Osten zur Verfügung stellen wird. Kohl hatte am Dienstag angekündigt, er werde sich um die 200.000 für dieses Jahr erwarteten Aussiedler „persönlich kümmern“. Es müsse alles „menschenmögliche“ getan werden, um die Deutschen einzugliedern. Ihnen müsse schnell und unbürokratisch geholfen werden. Geld dürfe kein Argument sein. In der Dynamik, die in dem Eingliederungsprozeß enthalten sei, liege eine „Chance“ für uns alle.

Gute Chancen für die Aussiedler sieht auch der Zentralverband des deutschen Handwerks. Die Menschen seien besonders anpassungsfähig und „hoch motiviert“. Ihre Berufsausbildungen würden in der Regel auch hier anerkannt. Von deutschen Schulabgängern und ausländischen Jugendlichen offenbar unbemerkt, lauern im Handwerk ungeahnte Chancen. In fast allen Handwerksberufen gebe es freie Lehrstellen, erklärte der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Kübler. Hier böten sich besonders gute berufliche Chancen für junge Aussiedler. Aussiedler, die nicht sofort eine Arbeit finden, haben in der Bundesrepublik unmittelbar nach ihrer Ankunft einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Da sie jetzt als deutsche Staatsangehörige gelten, wird die Berufstätigkeit in ihren Heimatländern Polen, Rumänien oder Sowjetunion voll von der Bundesanstalt für Arbeit anerkannt. Allein in diesem Jahr hat der Bund dafür eine Milliarde Mark der Bundesanstalt in Nürnberg überwiesen.