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Texaco und Iglo haben Meer-Sorgen

■ Boykott-Aktion von BUND-Jugend und SDAJ gegen Texaco-Ölbohrung im Wattenmeer / Keine Iglo-Stäbchen mehr aus Nordsee-Fisch / Die Vögel erwartet der Öltod, die Fische bekommen Ruhe

„Ich bin der letzte Vogel, all meine anderen Tiergenossen mußten wegen der Profitgier von Texaco ihr Leben lassen. Schon ein fünfmarkstückgroßer Ölfleck würde auch mein Leben vernichten, ich spüre, auch mein Ende ist nahe“, hallte es gestern durch die Bremer Innenstadt. Die BUND-Jugend und die SDAJ veranstalteten gestern auf dem Bremer Marktplatz eine gemeinsame Protestaktion und riefen zum Boykott von Texaco auf. Mit einem toten, ölverschmierten Vogel „ganz frisch, dieses Wochenende am Nordseestrand bei Trischen“, zogen sie durch die Fußgängerzone und verteilten Flugblätter. Die Passanten reagierten angeekelt, viele blieben aber auch stehen und

ließen sich in Gepräche verwickeln.

Die Texaco AG fördert seit Oktober 1987 im „Nationalpark Wattenmeer“ Erdöl. Dies bedeutet eine Gefährdung und bei einem Unfall sogar die Vernichtung des einzigartigen Ökosystems im Wattenmeer. „Das Öl in der Nordsee ist qualitativ nicht besonders gut, da es sehr zähflüssig ist“, erklärte Matthias von der BUND-Jugend. Es mußte ein teures Förderverfahren entwickelt werden, das nur deshalb Gewinn und angeblich „volkswirtschaftlichen Nutzen“ bringt, weil die schleswig-holsteinische Landesregierung den normalen Förderzins von 22 Prozent auf fünf Prozent gesenkt hat.

Die BUND-Jugend forderte von der neuen schleswig -holsteinischen Landesregierung den Förderzins auf die maximale Höhe von 36 Prozent zu heben und so die Bohrungen unrentabel zu machen. Da Gespräche bisher nichts genützt hätten, „muß jetzt wirtschaftlicher Druck helfen.“ Wie in Bremen fanden auch in 70 anderen Städten ähnliche Aktionen statt.

Auch die Langnese-Iglo GmbH sorgt sich schon jetzt um das Leben im Meer - und um die eigene Bilanz: Sie will künftig keinen Fisch aus der Nordsee mehr verarbeiten. „Da können wir einpacken“, sagte Herr Müller, stellvertretender Vorsitzen

der vom Fischereiverband in Hamburg. Zur Begründung für den Verzicht auf die etwa 3.000 Tonnen Nordseefisch, die zuletzt noch aus Dänemark importiert wurden, verwies Iglo auf die Verunsicherung der Verbraucher.

„Ich weiß nicht, ob das richtig ist, wenn die Firmen mit solchen Aktionen dafür sorgen, daß der Nordseefisch noch verdächtiger wird“, erklärte Müller, „vielleicht ist das ein Druckmittel, die

Reinhaltung der Nordsee intensiver zu betreiben.“ Das könne katastrophale Folgewirkungen haben, nicht nur für die Kutterfischerei, sondern auch für die Hochseefischerei und die Folgeverarbeiter. Nicht nur die Zulieferer von Iglo seien betroffen, wenn der Einzelhandel nachzieht und auch nur noch Fisch aus weniger verseuchten Fanggebieten verkaufen wolle.

Das sei „großer Quatsch“, äu

ßerte sich der Vorsitzende des Fischfachverbands, Bodes. Es sei eine „Verdummung des Verbrauchers, die Qualität der Fische aus der Nordsee ist besser als in der Presse verbreitet.“ Der Fisch stehe unter ständiger Lebensmittelkontrolle und sei nicht geringer oder stärker belastet als Fisch aus anderen Fanggebieten. „Wir verkaufen unseren Fisch aus der Nordsee weiter, wie es der Kunde verlangt.“

Roswitha Bünjer

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