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Der Rubel rollt

Mannigfaltiger Geldsegen für Medaillisten  ■  FLIPS & FLOPS

Ausgesprochen teuer verliefen die 24. Olympischen Sommerspiele in Seoul für die Staatskasse Michail Gorbatschows. 132 Medaillen brachten die braven und fleißigen Athleten aus der Sowjetunion mit nach Hause, und die Zeiten, als ein Olympiasieg noch mit einer Datscha, einem Wolga und ein paar Flaschen Wodka entlohnt wurde, sind längst vorbei. 12.000 Rubel ist dem Obersten Sowjet heutzutage eines der goldenen Umhängsel wert, das sind runde 36.000 Mark. Für Silber gibt es immerhin noch 5.000 für Bronze 3.000 Rubel. Das sind 953.000 Rubel insgesamt, 2,859 Millionen Mark also, davon fünfzehn Prozent in Devisen.

Weniger tief muß der kleine sozialistische Nachbar Polen für seine sechzehn Metalltrophäen in die Tasche greifen, zahlt aber dafür in harten Dollars. 72.000 davon wandern in die Taschen der Medaillengewinner, und sogar achte Plätze werden noch mit 200 Dollar entlohnt. Für die DDR schlägt jedes der 37 Goldstücke mit 30.000 Ostmark zu Buche, die, auf ein Sperrkonto eingezahlt werden und erst nach Beendigung der Karriere verjubelt werden können. Dennoch gibt es Unmut, die erfolgreichen Sendboten des Sozialismus hätten nämlich viel lieber harte Dollars.

Frankreich ist der Krösus unter den westeuropäischen Nationen, hat aber Glück, daß seine Sportler und Sportlerinnen nicht gerade Bäume und Bäuminnen ausreißen. 60.000 Mark gibt es für einen Sieg, 30.000 für Silber, 22.500 für Bronze, macht summa summarum 645.000 Mark. Dagegen nimmt sich die Bundesrepublik höchst bescheiden aus. Hier spendiert die Sporthilfe 15.000 Mark für einen ersten, 10.000 für einen zweiten und 7.500 für einen dritten Platz. 417.000 Mark muß der gute Herr Neckermann ausspucken, hinzu kommen 5.000, mit denen er der Schützin Sperber im Überschwang ihre Silbermedaille, die erste für die BRD, vergoldete. Neidvoll schielen die bundesdeutschen AthletInnen in die goldenen Jagdgründe der anderen Nationen und Aktivensprecher Uli Eicke forderte denn auch munter: „100.000 Mark für Gold“.

Ein Ziel, daß südkoreanische Olympiahelden locker erreichen. Hier rückt der Staat glatte 250.000 Mark raus, hinzu kommt eine Leibrente von 750 Mark monatlich auf Lebenszeit. Unter diesen Umständen sind die Bestechungsgelder für schurkische Boxpunktrichter wahrhaftig lohnende Investitionen.

Keinen Cent bekommen die Amis. Sie müssen sehen, wo sie bleiben, was ihnen in der Regel nicht schwerfällt. Der Mangel an Prämien wird durch Werbeverträge ausgeglichen. Carl Lewis hat ein geschätztes Jahreseinkommen von einer Million Dollar, Florence Griffith-Joyner sieht Olympia, wie ihr Mann und Trainer Al sagte, „als Sparkonto“ an, und ein gewisser David Robinson, läppischer Bronzemedaillengewinner im Basketball, hat gerade einen 10-Jahres-Vertrag mit den San Antonio Spurs abgeschlossen, der ihm 28 Millionen Dollar garantiert.

Verlierer gibt es natürlich auch. Said Aouita wird keine neue Villa vom König bekommen und Jürgen Hingsen, dessen Jahreseinkommen einstmals auf 250.000 Mark geschätzt wurde, muß nun wohl ganz von vorne starten.

Matti

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