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Blind aber zum Fernsehen

■ RB-Hauptabteilungsleiter bewarb sich nichts Böses ahnend als Fernsehdirektor

Der Hauptabteilungsleiter „Programmplanung“ von Radio Bremen, gilt im Flurfunk des Senders, den es neben dem offiziellen Sendebetrieb natürlich auch gibt, als einer jener seltenen gewordenen Menschen, die ihrem Namen noch alle Ehre machen. Pech des Mannes: Er heißt Werner Blinda, ist 44 Jahre alt und will ausgerechnet zum Fernsehen. Genauer gesagt: Werner Blinda will neuer Fernseh -Programmdirektor werden. Böse Zungen, (und davon scheint es ziemlich viele im Bremer Sender zu geben, zumindest wenn der Kollege Blinda zur Sprache kommt), sehen in seiner Bewerbung vor allem einem Imageverlust des mit ca. 150.000 Mark Jahresgehalt nicht gerade kärglich honorierten Jobs, Tenor: Was muß das für ein Amt sein, wenn sich jetzt schon Hans und Blinda bewerben können.

Das Schlimme: Weil es offensichtlich allzu wenig gesellschaftlich kodifizierte Sprachregelungen gibt, durch die man seinen Mitmenschen unter Wahrung der Gesetze der Höflichkeit die jeweils eigene Meinung über sie und ihre Karrierewünsche zu verstehen geben kann, ahnt Werner Blinda nicht mal, was man sich im eigenen Haus über ihn und seine Aufstiegswünsche erzählt: „Der größte Lacherfolg seit Manfred Fluß“. Nur daß möglicherweise beim SPD -Bürgerschaftsabgeordneten Fluß die Chancen größer waren, daß er zuletzt am besten gelacht hätte. Fluß wäre es am Ende vielleicht sogar geworden. Blinda gilt dagegen von vornherein als Kandidat der Abteilung „ferner liefen“.

Dabei kann Blinda, der gegenüber der taz gestern seine Bewerbung sehr freundlich und aufgeschlossen bestätigte und nichtsahnend seiner Hoffnung auf ihre faire Würdigung durch die Kollegen Ausdruck verlieh - im Gegensatz zu besagtem SPD-Medienexperten - durchaus auf langjährige Erfahrungen im Funk zurückgreifen: Seit 1977 bei RB beschäftigt, führte er ab 1980 die Geschäfte der Intendanz und später des Direktoriums (böse Zunge: „rückte den Direktoriumsmitgliedern die Tischvorlagen zurecht“). Inzwischen ist Blinda zum Hauptabteilungsleiter der Abteilung „Programmplanung“ aufgestiegen und organisiert mit einem Mitarbeiter und einer Sekretärin demoskopische Umfragen zur Publikunms-Akzeptanz des RB-Programms und Konkurrenz-Analysen (böse Zunge: „Rechnet mit Hilfe zweier Mitarbeiter Einschaltqouten aus“).

Als Programmdirektor möchte Blinda vor allem dafür sorgen, daß „das Bremer Fernsehen trotz schwieriger werdender Konkurrenzverhältnisse weiterarbeiten kann wie bisher“.

Die Chancen dazu schätzen Insider angesichts der persönlichen Konkurrenzverhältnisse von Werner Blinda eher dürftig ein: Außer ihm wollen sich immerhin bekannte Journalisten und programmerfahrene Fernsehmacher wie Gisela Marx, möglicherweise ARD-Korrespondent Winfried Scharlau und RB-Fernseh-Chefredakteur Ulrich Kienzle bewerben. Im November will sich der Rundfunkrat ein abschließendes Urteil über die Bewerber und den Kandidaten Blinda verschaffen.

Rosi Roland

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