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FDP wird Fastfood Partei

Wie Graf Lambsdorff Ehrenburger werden will / Eine Kurznotiz aus der Volkspolitik gesehen auf dem Parteitag der FDP in Wiesbaden  ■  Von Oliver Tolmein

Wiesbaden (taz) - Die Stimmzettel waren noch nicht ausgezählt, da speiste der Graf schon standesgemäß: einen Chefsalat. Daß die paar grünen, paar roten, alle etwas welken Blätter aus dem Hause McDonald stammten hat Lambsdorff sichtlich nicht gestört: wer um die Zusammenarbeit von Kapital und Politik zu fördern Strafmandate kassiert, muß auch mal mit heitrer Miene etwas runterwürgen können.

Die Partei zeigte sich solidarisch und fraß mit - nur der Musterliberale mit beschränktem Einfluß, Gerhard Baum, mußte hungrig bleiben, weil er sich den schnellen Griff zum großen Burger angesichts eines plötzlich aus dem Nichts auftauchenden Fotografen dann doch nicht traute.

Etliche tausend Hamburger Royal (aristokratisch mag man's eben auch), zentnerweise Fritten, Chef-Salate en masse stolz konnten die Manager der mobilen Fastfood-Dependance in Wiesbaden am Ende des Parteitags, auf dem sie kostenlos austeilten, eine „Erfolgsbilanz“ an die Presse verteilen. Gespanntes Nichtstun und entspannte Langeweile machen eben hungrig.

Graf Lambsdorff, mit der Würde eines neuen Amts versehen, wird das Papier sicher weiterreichen - was in Wiesbaden soviele glücklich gemacht hat, soll auch in Bonn mal Würgung zeigen: vor Wochen schon hatte er nach Klagen seiner MitarbeiterInnen über die schlechte Qualität der Bundestagskantine höchstpersönlich eine Petition an Bundestagspräsident Jenninger gerichtet, er möge der Einrichtung einer McDonald-Abfüllstation im Parlamentsgebäude zustimmen. Der neue FDP-Vorsitzende ist zumindest was die Konsumgewohnheiten angeht eben jung und volksverbunden.

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