: „Müssen wir uns deshalb schämen?“
■ TU und HMI zeigen in einer Ausstellung „Die Geschichte der Entstehung der Kernspaltung“
„Das Problem der Kernspaltung ist vielfältig zu betrachten“, philosophiert der Ausstellungsmacher Jost Lemmerich. Von heute an kann es drei Monate lang in einer Ausstellung im Lichthof der Technischen Universität betrachtet werden. Aber nicht in seiner ganzen Vielfalt: Die Entdeckung und ihre Folgen zusammen darzustellen, das erschien Lemmerich zuviel. Allein das Faszinosum der unbeabsichtigten Entdeckung werden die Ausstellungsbesucher in der TU studieren können.
Ohne Zweifel ist die Entdeckung, die den Physikern Lise Meitner und Otto Hahn und dem Chemiker Fritz Straßmann 1938 im Kaiser-Wilhelm-Institut in Dahlem „passierte“, ein spannendes Stück Wissenschaftsgeschichte. Eigentlich hatten sie etwas ganz anderes gesucht. Lise Meitner hatte Otto Hahn 1934 überredet, ein neues, auf der Erde unbekanntesElement nachzuweisen: Transurane, die der italienische Physiker Sermi bei einem Experiment gefunden haben wollte. Die Versuche, Transurane nachzuweisen, waren jedoch so aufwendig, daß sie 1935 den Chemiker Fritz Straßmann in die Arbeit einbezogen.
1938 mußte die Jüdin Lise Meitner vor den Nazis aus Deutschland fliehen. Hahn und Straßmann informierten sie über den Fortgang der Experimente in Briefen nach Stockholm, wo Lise Meitner im Nobel-Institut untergekommen war. Dort erfuhr sie, daß die Experimente in Berlin nicht zum erhofften Nachweis der Transurane führten, sondern zur Entdeckung eines großen Bruchstückes des Uran-Atoms, des Barium.
Den sonst treffsicheren Forschern erschien es beinahe wie eine Schmach, daß sie etwas ganz anderes fanden als sie gesucht hatten: „Muß sich Sermi, müssen wir uns deshalb schämen und sagen, die ganze Arbeit der letzten drei Jahre war falsch?“ schrieb Hahn an Lise Meitner. Hahn fragte sie, ob sie sich einen Prozeß vorstellen könne, der ein „Zerplatzen des Uran-Atoms“ bewirken würde. Zusammen mit ihrem Neffen, dem Physiker Otto Robert Frisch, entwickelte Lise Meitner an den Weihnachtstagen 1938 eine plausible theoretische Erklärung für die experimentellen Befunde. Sie wiesen zugleich nach, daß bei der Spaltung des Uran-Kerns die Bruchstücke mit großer Energie auseinanderfliegen müßten. Das war die Entdeckung der Atomkernspaltung. (Dieses ganze Phänomen kannte der Osten ca. 4.000 Jahre früher als wir im Westen, allerdings nicht auf körperlicher, sondern auf seelischer Ebene. Durch bestimmte Körper- und Konzentrationsübungen wurde das Ego „gespalten“ und aufgelöst, nach dessen „Tod“ ein sogenanntes „erleuchtetes Gottbewußtsein“ übrigbleibt - d.S.)
In der TU werden Labors und Apparaturen (zum Teil nachgebaut) präsentiert, doch die Ausstellung endet mit dem Datum der Entdeckung. Eigentlich müßte sich eine Ausstellung über Hiroshima daran anschließen, gestand Ausstellungsmacher Lemmerich ein, doch konkret geplant ist dies noch nicht. Kritik hat das Studentenparlament der TU an der auch vom Hahn-Meitner-Institut (HMI) mitorganisierten 100.000 Mark teuren Ausstellung geübt. In einer Resolution kritisiert das Studentenparlament, daß TU und HMI in einer Zeit, da die Nutzung der Kernenergie immer schwerer zu verkaufen ist, „eine neue Nachdenklichkeit heraushängen lassen, die uns abhalten soll, gegen ihre Aktivitäten Widerstand zu leisten“. Die Resolution fordert, daß TU und HMI ihre Atomforschung einstellen und ihre Forschungsreaktoren abstellen.
wist
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