: StudentInnen fordern Mitbestimmung
Tausende StudentInnen demonstrierten in Berlin gegen Hochschulmisere / Mitbestimmungsforderung zentrale Losung / Morgen bundesweiter Protesttag ■ Von C.C.Malzahn
In Berlin haben am vergangenen Samstag nachmittag etwa 12.000 StudentInnen für Mitbestimmung an den Hochschulen und gegen die katastrophalen Bedingungen in der Lehre demonstriert. An dem Protestmarsch nahmen Studierende der FU und der TU, der HdK sowie vieler Fachhochschulen teil. Es sollte auch demonstriert werden, daß sich Geistes- und NaturwissenschaftlerInnen nicht in zwei Lager aufspalten lassen.
Schon am vormittag hatten über tausend StudentInnen aus verschiedenen Fachbereichen die Innenstadt „unsicher“ gemacht: So zogen etwa 100 angehende MedizinerInnen eine Kuh über den Weihnachtsmarkt am Kurfürstendamm - das Motto: „Muh -muh-muh, der Senat melkt die FU!“ Die MathematikerInnen haben inzwischen innovativ gearbeitet und eine inverse „Heckelmannformel“ entwickelt. (Heckelmann ist Präsident der Freien Universität). In diesem Zusammenhang sei die „Zentrale Rücktrittsformel“ (ZRS) unter besonderer Berücksichtigung der „Allgemeinen Streiktheorie“ gültig, führten die Mathe-Studenten während ihres öffentlichen Vortrages aus. Der auch schon vor dem Streik umstrittene Chef der FU macht indes keine Anstalten, sein Amt aufzugeben. Heckelmann ging bisher nur auf einige materielle Forderungen der StudentInnen ein. So begrüßte er jetzt die Entscheidung des Senats, 10 Millionen Mark zusätzlich für den Hochschuletat bereitzustellen. Der AStA der TU bezeichnete die zusätzlichen Gelder kurz und knapp als „Witz“. Das ganze diene der „Spaltung der Studentenschaft“.
Neben den kritischen Diskussionen um Lerninhalte und Forschung bringen die StudentInnen ihren Protest immer mehr auf die Formel der Mitbestimmung. Die Frage ist nicht ob, sondern in welchem Maße die StudentInnen Einfluß auf universitäre Gremien nehmen wollen. Die Vorstellungen reichen von Drittel- beziehungsweise Viertelparität bis hin zu studentischer Selbstverwaltung der Hochschulen. Die Mehrheit der ProfessorInnen will von solchen Diskussionen nichts wissen. Nur vereinzelt - wie im Fachbereich Chemie der TU oder in einzelnen geisteswissenschaftlichen Instituten - tauchen Lehrende auf, die die Forderung nach Mitverwaltung der Studierenden unterstützen wollen.
Nach den Aktionen vom vergangenen Wochenende mobilisieren die Streikenden jetzt auf morgen: Am Dienstag finden in der ganzen Bundesrepublik Protestaktionen gegen die Hochschulmisere statt. Gleichzeitig wird an der Technischen Universität mit einem neuen „Bewegungsschub“ gerechnet, weil heute mittag, 12.00 Uhr, ein Ultimatum abläuft, das auf einer Vollversammlung an den Senat gerichtet wurde. Falls bis dahin nicht 300 neue Stellen für die Lehre zugesichert werden könnten, wolle man für den Normalbetrieb in der Uni nicht mehr garantieren, hieß es.
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