: Neue Schlappe für Rebmann
Angeblicher Transporteur von RAF-Texten wieder frei / Für die Bundesanwaltschaft war er ein „Handelsvertreter der RAF-GmbH“ / Holländer sollte wegen Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft bleiben ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Nach fast sieben Monaten Untersuchungshaft befindet sich der holländische Postangestellte Hans Alderkamp, dem die Bundesanwaltschaft den Transport von neunzig Exemplaren einer RAF-Dokumentation zum Vorwurf macht, wieder in Freiheit. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt den Haftbefehl gegen den 36jährigen Holländer, der wegen „des Verdachts der Unterstützung der RAF“ erlassen worden war, mit der Begründung aufgehoben, die Dauer der Untersuchungshaft stehe „außer Verhältnis zur Sache und zur zu erwartenden Strafe“. Der BGH schloß außerdem nicht aus, daß der bloße Transport von dokumentierten RAF-Texten lediglich „ein strafloser Versuch“ der Unterstützung nach §129a sei. Die Bundesanwaltschaft hatte Hans Alderkamp mit dem irrwitzigen Argument weiter in Haft halten wollen, er habe für die RAF Einfuhrumsatzsteuer hinterzogen und damit „einer terroristischen Vereinigung einen Vorteil verschafft“.
Der holländische Postangestellte war die einzige Person, die im Mai bei den inzwischen vom BGH gerügten, bundesweit durchgeführten Kontrollstellen verhaftet worden war. Als Insasse eines Reisebusses war Hans Alderkamp am Grenzübergang Helmstedt in eine der Rebmannschen „Kontrollstellen“ geraten. Bei der Durchsuchung des Busses wurde ihm ein Koffer zugeordnet, der 90 Exemplare des Buches Widerstand heißt Angriff enthielt. Der Postangestellte bestreitet allerdings, der Besitzer des Koffers gewesen zu sein.
Für den nach sechs Monaten Haft anstehenden Prüfungstermin hatte der hannoversche Rechtsanwalt des Holländers, Dieter Adler, die Freilassung seines Mandanten beantragt, weil die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen nach dem Besitzer des Koffers verschleppe.
Die Bundesanwaltschaft antwortete darauf mit einem Schriftsatz, in dem Hans Alderkamp als eine Art „Handelsvertreter der RAF-GmbH“ beschrieben wird. „Dieses Vorgehen“, so schrieb die Bundesanwaltschaft über die angeblich illegale Einfuhr der Bücher, „ersparte die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer, was einen zusätzlichlichen finanziellen Vorteil für die RAF bedeutet“.
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