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„Mahnfeuer“ der „Wiking-Jugend“ ausgepustet

Statt am „Mahnfeuer“ für die „Zonengrenze“ verbrachten die Mitglieder der rechtsradikalen „Wiking-Jugend“ Silvester zwangsweise in der Kaserne des Bundesgrenzschutzes / Antifa-Bündnis protestierte gegen die „Wiking-Jugend“  ■  Aus Fulda B. Hohne

„Der Aufruf in der taz, das Treffen der Wiking-Jugend zu verhindern, war wohl ziemlich überzogen“, so die Ernüchterung eines Autonomen zum jährlich Protest im hessischen Fulda gegen das Auftreten von Neo-Faschisten in der Röhn. Verhindert wurde das Silvester-Mahnfeuer der Wiking-Jugend gegen die „45er Demarkationslinie“ allerdings durch die Polizei.

Die „Wiking-Jugend“, 1952 gegründet, trifft sich schon seit 21 Jahren in der hessischen Röhn, um mit einem Mahnfeuer gegen die „Schandgrenze“ zu demonstrieren. Im Landkreis Fulda, haben dagegen erst Ende der Siebziger Jahre Proteste begonnen, als Neo-Nazis um Thomas Brehl (Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei) massiv in der Öffentlichkeit auftraten. Michael Kühnen, selbsternannte und von den Medien hochgepuschte Neo-Nazi-Größe, hat noch heute einen Zweitwohnsitz in der südhessischen Stadt.

Glocken gegen Abtreibung

Zwischen Weihnachten und Silvester ist es vorbei mit der Ruhe für die 60.000 Einwohner von Fulda. Am 28. Dezember ließ der katholische Erzbischof Johannes Dyba im Bistum Fulda um 12.00 Uhr 15 Minuten lang 244 Pfarrgemeinden die Kirchenglocken läuten als Trauer und Mahnung für die Abtreibungsopfer. Dyba kündigte an, diese Prozedur jährlich wiederholen zu wollen. Die Frauen, die in Fulda gegen das bischöfliche Geläut spontan demonstrierten, trafen sich Silvester auf dem Universitätsplatz wieder - die „Szene zwischen den Tagen“ ist halt klein, die Studenten der Fachhochschule sind alle in den Semesterferien. Zur Kundgebung gegen das „Wiking-Jugend„-Treffen kamen immerhin 350 Menschen zusammen - die Polizei sprach von 200.

„Es gibt zwar Probleme im Antifa-Bündnis, aber durch die Aktionen zur Reichspogromnacht am 9. November waren wir doch sehr wachgerüttelt“, so eine Sprecherin von „Nie wieder Faschismus“.

Zwischen den Jahren in Fulda

Zwischen Festbraten und Neujahrskater ist die Röhn für das Winterlager der „Wiking-Jugend“ inzwischen ein genauso fester Bestandteil wie der Protest dagegen in Fulda. Landrat Fritz Kramer (CDU), der vor Jahren noch die Vokabel von „Linksfaschisten“ in den Mund nahm, und nicht gegen die Mahnfeuer der „aufrechten deutschen Jugend“ - so bezeichnet sich die „Wiking-Jugend“ selbst - hatte, verbot das „Wiking -Jugend„-Treffen erstmals zur Jahreswende 1986/87. Ein Jahr zuvor hatte es brutale Überfälle von Neo-Nazi -Schlägertruppen in Fulda gegeben.

Zur Jahreswende 1987/88 wich die Wiking-Jugend aus dem Landkreis Fulda aus und traf sich in der bayerischen Röhn in Leubach/Fladungen, wo die bayerische Polizei die „Wiking -Jugend“ anfangs tatenlos gewehren ließ.

Silvester 1988 das gleiche Bild: Wolfgang Nahrath, Bundesführer der „Wiking-Jugend“ aus Stolberg bei Aachen, meldet ein Mahnfeuer an, der Landrat verbietet es. Aufgeschreckt wiederum durch Überfälle in Fulda im Jahr 1987 hat die Polizei ein Großaufgebot aufgefahren. Über 600 Autos werden in Kontrollstellen überprüft. Die „Wiking-Jugend“ verteilt mit 60 Mitgliedern an Silvester mit Öffnung der Kaufhäuser unbehelligt ihre Pamphlete in Fulda, mehrere „Wikinger“ - darunter noch Kinder - skandieren im Chor: „Die Mauer muß weg!“

Festnahmen statt Mahnfeuer

Dann sammeln sich auf dem Universitätsplatz allmählich die AntifaschistInnen. Kameras surren, Photoapparate klicken: Journalisten, Polizei, Neo-Nazis und AntifaschistInnen bestaunen sich gegenseitig. Die Polizei nimmt insgesamt 27 Wiking-Jugend-Mitglieder in Vorbeugehaft, um sie vom Begehen Straftaten abzuhalten. Zwei Antifa-Demonstranten werden vorübergehend festgenommen, bald aber wieder auf freien Fuß gelassen - ein Versehen, wie man später von der Polizei eingesteht: Man rechnete sie zur „rechten Szene“. Ein Journalist photografiert die Festnahme. Sein Film wird beschlagnahmt, fertig entwickelt mit einer Entschuldigung erhält er ihn später wieder zurück.

Einsatzleiter Erwin Maisch erklärte am Neujahrstag, das Konzept der Polizei sei „voll aufgegangen“. Von den 29 festgesetzten Neonazis kamen zwei am Samstag mittag wieder frei, während nach einer Entscheidung eines Fuldaer Bereitschaftsrichters 27 Mitglieder der „Wiking-Jugend“ darunter Wolfgang Nahrath - erst am Neujahrsmorgen gegen 01.30 Uhr aus Polizei-Gewahrsam entlassen wurden. Polizeikontrollen in der Rhön hätten zusätzlich dafür gesorgt, daß Splittergruppen der Faschisten nicht doch noch das „Mahnfeuer“ hätten abbrennen und so das vom Landratsamt erlassene Verbot umgehen können. Schon 1987 hatte die „Wiking-Jugend“ hatte schon 1987 ihr Quartier in einer bayerischen Jugendherberge aufschlagen müssen.

Kinder blieben in Jugendherbergen

Die hessischen Jugendherbergen waren gewarnt. Jetzt besorgten sie sich unter dem Decknamen „hessische Folklore und Tanzgruppe“ in Aschaffenburg ein Dach über dem Kopf. Während viele Männer den Jahreswechsel statt beim Mahnfeuer an der Grenze in Sicherheitsgewahrsam der BGS-Kaserne in Fulda verbrachten, blieben Frauen und Kinder auf Anraten der Polizei in der Jugendherberge Aschaffenburg. Das Mahnfeuer zu Silvester fand nicht statt.

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