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US-Aktion gegen Chemiefabrik?

Laut Bericht der US-Fernsehgesellschaft CBS militärischer Schlag gegen in Bau befindliche chemische Anlage in Libyen von Pentagon vorbereitet / Zeitpunkt noch unklar / Italien besorgt  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

Die Reagan-Administration ist so besorgt über eine derzeit im Bau befindliche libysche Giftgas-Fabrik, daß sie einen militärischen Schlag gegen die Anlage nicht nur diskutiert, sondern gegenwärtig aktiv plant. Dies verlautete am Montag nach Angaben der US-Fernsehgesellschaft CBS aus Pentagon -Kreisen.

Die gigantische chemische Fabrik bei Rabta, etwa sechzig Kilometer südwestlich der libyschen Hauptstadt Tripoli, die unter anderem mit Hilfe des bundesdeutschen Unternehmens, Imhausen-Chemie aus Lahr, errichtet wurde, kann in etwa drei Monaten die Produktion aufnehmen. Falls die Anlage nicht bis dahin eingemottet worden ist, und die an ihrem Bau beteiligten westlichen Länder nicht fehlende wichtige Ausrüstungen zurückhalten, so hieß es, sei eine militärische Aktion der USA möglich. Sie könnte unter anderem mit konventionell bestückten Cruise Missiles von Schiffen vor der libyschen Küste aus erfolgen. Es sei vorstellbar, so der CBS-Bericht, daß ein Schlag der USA gegen die Anlage bereits im Umfeld der am 7. Januar beginnenden Pariser Konferenz über chemische Waffen erfolge, oder unmittelbar vor der Amtsübergabe an Bush am 20.1.

Die Aussicht, daß Gaddafi sich in den Besitz chemischer Kampfstoffe bringen könnte, hat die in den USA und Israel bestehenden Sorgen über ein neues Niveau militärischer Fähigkeiten im Nahen Osten noch verstärkt. Auslöser dieser Besorgnisse war in den Worten des CIA-Vizedirektors Robert Gates „das Niederbrechen ethischer Hemmschwellen“ im Verlauf des Krieges zwischen Iran und Irak, bei dem massiv chemische Waffen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wurden.

Verstärkt wird die Nervosität noch durch die Verbreitung von Trägerraketen in der Region. Eine Kombination dieser beiden Technologien, so CIA-Direktor William Webster in einer Rede Ende Oktober, mache „jede Stadt im Nahen Osten zum potentiellen Ziel eines solchen Angriffs“. Selbst israelische Experten, so der Militärjournalist der angesehenen Tageszeitung 'Haaretz‘, Zeev Schiff, zweifeln, daß das Prinzip gegenseitiger Abschreckung im Nahen Osten genauso funktionieren könne wie es zwischen den USA und der Sowjetunion bisher der Fall war.

Aufregung in Italien

Rom (afp) - Der atombetriebene US-Flugzeugträger „Theodore Roosevelt“, der am Freitag von den USA in Richtung Mittelmeer ausgelaufen ist, hat gestern Dienstag in fast allen großen italienischen Tageszeitungen für Schlagzeilen gesorgt. Während Washington versichert, daß es sich bei dem Unternehmen um eine Routineoperation für die 6. US-Flotte handelt, befürchten die Italiener als Mittelmeeranrainer, daß sie Leidtragende eines erneuten Vergeltungsstoßes der Amerikaner gegen Libyen sein könnten. Beim ersten Angriff der Amerikaner auf Libyen 1986 hätten die Amerikaner auch zuerst von einem Routinemanöver gesprochen. Die Libyer hatten den Luftangriff auf Tripolis damals mit zwei Boden -Boden-Raketen auf die kleine italienische Insel Lampedusa beantwortet.

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