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Fertig zum Auftauchen

Den tauchenden Rückenschwimmern geht es an den Kragen  ■  PRESS-SCHLAG

Suzuki ist nicht nur ein Synonym für schnelle Motorräder, Suzuki heißt auch der Olympiasieger im 100-Meter -Rückenschwimmen, der in Seoul mit einer von ihm erfundenen wahrhaft atemberaubenden Technik beeindruckte: Nach dem Start legt der Japaner die ersten 30 Meter per Delphin -Beinschlag unter der Wasseroberfläche zurück. Da aber in der Tiefe von rund einem Meter der geringste Wasserwiderstand herrscht, konn- te sich Daichi Suzuki einen wichtigen Vorsprung gegenüber seinen der Oberfläche verhafteten Schwimmkollegen ertauchen.

Dieser revolutionären Technik, der unter anderem auch der amerikanische Weltrekordler David Berkhoff frönt, will nun der Internationale Schwimmverband (FINA) an die Badehose. Sein Argument: Die Unterwasserphase lasse die Muskulatur des Schwimmers schneller „übersauern“, so daß allen Ernstes die Gefahr des Ertrinkens bestehe! Eine technische Kommission der FINA wird deshalb über die Suzukianische Revolution befinden müssen.

Bei ähnlichen Neuerungen in der jüngeren Sportgeschichte haben die Dachverbände wechselnde Kulanz gezeigt. So konnte der Hochsprungstil des Dick Fosbury nach Mexiko 1968 ungehindert den alten „Straddle“ eliminieren, obwohl der Rückwärts-Flop gerade in seinen Pioniertagen für regen Zulauf in den Arztpraxen sorgte.

Andere Entwicklungen endeten in einer Sackgasse, wie beispielsweise die Drehtechnik des russischen Kugelstoßers Baryschnikow. Und die wenigen Weitspringer, die nach einer Saltodrehung in die Grube einschlugen, wurden Ende der siebziger Jahre mit einem Berufsverbot belegt. Für derart gefährliche Akrobatik, so die Leichtathletik-Funktionäre, sei in ihrem Sport kein Platz. „Dito“, sprachen auch die Oberen des Eiskunstlaufs und strichen den Salto aus dem legalen Figuren-Repertoire.

Für den genialen Neuerer Suzuki spricht allerdings die Rekordflut, die er auslöste. Sechsmal wurde der Weltrekord im Rückenschwimmen allein im vergangenen Olympiajahr tauchend verbessert, in einer Disziplin, die lange Zeit stagnierte. Daran kommen auch die Gralshüter der Schwimmbecken-Ethik nicht vorbei.

Jürgen Schulz

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