: Diepgen, dezentral
■ Vertrag über Südgüterbahnhof durch neue Vereinbarung mit Reichsbahn ersetzt
Dem Schöneberger Südgelände bleibt ein großer Güterbahnhhof erspart, Güterbahnanlagen werden modernisiert, das stauträchtige Autobahn-Nadelöhr am Sachsendamm verschwindet. Dies sind die wesentlichen Punkte einer „Rahmenvereinbarung“, die der Senat und die DDR-Reichsbahn gestern unterzeichneten. Der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU) nahm gestern für sich in Anspruch, damit „eine weitere zentrale Aufgabe“ erfüllt zu haben, die der Senat sich 1985 gestellt habe. „Mit Sicherheit ist das mehr unser Erfolg als der von Herrn Diepgen“, fand dagegen Hans Göhler von der BI Südgelände, die die alten Bahnhofspläne jahrelang bekämpft hatte.
Nach zweijährigen Verhandlungen, die „nicht einfach“ (Diepgen) waren, genießt der Senat nun neben dem Südgelände auch die vollen Nutzungsrechte für das Gleisdreieck, den Moabiter Werder, die Fläche des Görlitzer Bahnhofs sowie einen grünen Geländestreifen entlang der Wannseebahn. Sie sollen laut Diepgen zur „Stadtentwicklung und Umweltverbesserung“ genutzt werden.
Die neue Vereinbarung ersetzt einen Vertrag von 1980. Er hatte einen zentralen Güterbahnhof auf dem Südgelände vorgesehen. Diese „überdimensionierte“ (Diepgen) Planung hätte jedoch dem ökologisch wertvollen Wildwuchs den Garaus gemacht, der sich seit dem Krieg auf dieser ehemaligen Bahnhofsanlage breitgemacht hatte. Wie in der alten Vereinbarung muß der Senat nun 360 Millionen Mark für neue Bahnanlagen einsetzen. Eine „dezentrale und flächensparende“ (Diepgen) Lösung soll den Südgüterbahnhof überflüssig machen. Güterzüge werden künftig nur noch auf zwei DDR -Bahnhöfen außerhalb der Stadt rangiert, in Wustermark und Seddin. Während diese Regelung erst in einigen Jahren greifen soll, wollen Senat und Reichsbahn bereits jetzt den Hamburg-Lehrter Containerbahnhof in West-Berlin moderner ausrüsten und erweitern.
Gute Nachrichten auch für die etwa 85.000 Autofahrer, die sich werktäglich durch das Nadelöhr am Sachsendamm quälen müssen. Sechs Bahnbrücken können abgerissen werden. Der nur 22 Meter breite Durchlaß kann nun auf achtzig Meter verbreitert werden. Diepgen äußerte gestern die „Hoffnung“, daß der Ring der Stadtautobahn hier bis 1994 geschlossen werden könne.
Gegen die nun anstehenden Rodungsarbeiten auf einer der Brücken zog bereits gestern die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) vor das Verwaltungsgericht. Per einstweiliger Anordnung will sie erreichen, daß ein Planfeststellungsverfahren abgewartet wird. Die gleiche Forderung erhob gestern Schönebergs Bürgermeister Jakesch (CDU). AL und Naturschützer übten scharfe Kritik an der Vereinbarung. Mit ihr würden „vollendete Tatsachen geschaffen“, weil die Arbeiten am Sachsendamm bis in Details festgelegt worden seien.
hmt
(Siehe Kasten auf Seite 18)
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