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Standbild: Afrika als Kulisse

■ "Tam Tam oder Wohin die Reise geht"

(„Tam Tam oder Wohin die Reise geht“. Erste Folge des Zweiteilers von Berengar Pfahl. Mi., 1.3., 20.15 Uhr, ARD) Wo Berengar seinen Pfahl ins Fleisch des Abendprogramms schlägt, kann Judy Winter, weinend und Haare raufend, nicht mehr weit sein - und zugleich muß sie ganz weit weg: nach Afrika, schon zum zweiten Mal in Pfahlschen Diensten. Denn Berengar Pfahl will seine dramaturgischen Verwicklungen in exotischen Gefilden spielen lassen, damit der aufmerksame Zuschauer gewahr werde, daß der Mensch seine Probleme auch dahin mitträgt, wohin ihn Pfahl verschlägt. Ist es im Fall Tam Tam der Ödipus? Ist es die Ex-Ehe von Mutter Judy? Ist's der Beginn einer langen Freund-Feindschaft zwischen Judy alias Rena und Hannelore Elsner alias Nele? Rolf jedenfalls, der Sohn von Rena, wurde angeblich entführt, will aber in Wirklichkeit nur mit Nele, seiner Geliebten die seine Mutter sein könnte - den „Alten“ um 100.000 Mark erleichtern, damit einer senegalesischen Genossenschaft mit vielen malerischen Schwarzen Entwicklungshilfe zuteil werde. Aber da ist ein anderer vor: „Da hat sich bei denen so'ne kriminelle Gruppe eingenistet“, weiß Nele - zu spät: Conrad, einer der Kriminellen, hat Rolf und Nele ausgeschaltet und düst mit dem Geld nach Düsseldorf. Es muß ja noch eine zweite Folge geben.

So weit, so hergeholt. Und wie werden nun die Schauspieler unter der glühenden Sonne Afrikas mit diesem Tränbuch und seinen ausgewrungenen Dialogen fertig? Schlecht, wenn man sie an den Maßstäben ihres Berufes mißt. Mißt man die Leistungen der Schauspieler hingegen am spießigen Niveau des Pfahlschen Mehrteilers schlechthin, muß man anerkennen: Diesem Niveau sind sie gewachsen. Judy Winter, wie gesagt, weint, schreit und schnieft, wie ihr befohlen ist. Hannelore Elsner gibt sich von Afrika verhext - „Samba, das ist mein Tanz, durch und durch afrikanisch“, gurrt sie trunken in ihr Glas. Rolf (Hannes Jaenicke) findet „alles Scheiße“, Papi (Rolf Becker) ist ein harter Geschäftsmann, wie er im Buch zu stehen hat, und Afrika läßt als Kulisse grüßen. So wenig Substanz für so viel Geld reicht aus, um bei diesem alten Hut vom „neuen Pfahl“ zu sprechen.

Sybille Simon-Zülch

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