: Senats-Schutzwall gegen Polen
■ Der geschäftsführende Wirtschaftssenator Pieroth will verschärft gegen den florierenden Handel polnischer Touristen auf dem Krempelmarkt vorgehen / Ausweisung und Wiedereinreiseverbot angedroht / „Republikaner“ üben sich in BVV-Arbeit
Scharfe Kontrollen und Sanktionen erwarten die heute zum Krempelmarkt am Potsdamer Platz anreisenden Polen. Ein entsprechender Maßnahmenkatalog wurde gestern von der gemeinsamen Arbeitsgruppe des noch geschäftsführenden Senats unter Federführung von Noch-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth mitgeteilt. Bereits am Donnerstag war auf Beschluß des Bezirksamtes Tiergarten das gesamte Gelände zwischen Magnetbahn und Linkstraße mit einem zwei Meter hohen Metallzaun umgeben worden. Eine mögliche Legalisierung des Polenmarktes ist damit zur Zeit nicht mehr im Gespräch. Der Berliner Senat setzt statt dessen auf Abschreckung. Die Verschärfung der Kontrollen soll deshalb bereits an den Grenzstellen einsetzen. Auf einem Flugblatt in polnischer Sprache, das an den Kontrollstellen verteilt werden soll, werden die Einreisenden gewarnt, während ihres Besuches in Berlin Waren zu verkaufen. Bei Zuwiderhandlung wird ihnen Ausweisung und ein Wiedereinreiseverbot angedroht. Die Ausweisung soll im Paß vermerkt werden.
An den Grenzübergängen und Bahnhöfen sollen intensive Gepäckkontrollen durchgeführt werden. Pieroth kündigte die sofortige Beschlagnahme aller über eine Tagesration hinausgehender Lebensmittel an. Als Handelsware eingeschätzte Gegenstände sollen bis zur Ausreise einbehalten werden. Beamteneinsätze vor Ort ergänzen die Maßnahmen. Rund um das eingezäunte Gelände am Potsdamer Platz sind heute ab 9 Uhr Einsatzgruppen mit Beamten der Veterinäraufsicht, Lebensmittelkontrolle, PolizeibeamtInnen und Dolmetschern unterwegs. Jeder polnische Tourist, der beim Handeln erwischt wird, muß mit sofortiger Abschiebung rechnen. Die AL kritisierte, daß auf diese Weise die Probleme nicht gelöst würden. AL-Pressesprecher Stefan Noe: „Zäune sind keine Lösung!“ VertreterInnen der AL wollen sich heute vor Ort ein Bild machen. Die Fraktion der „Republikaner“ nützte derweil ihren ersten Tag in der BVV Tiergarten, um sich in Bezirksverordnetenarbeit zu üben. Sie stellte einen Dringlichkeitsantrag, daß die BVV beschließen möge, daß der Verkauf von Waren auf dem Krempelmarkt nur noch mit einer gebührenpflichtigen Standgenehmigung gestattet sei. Personen, die ohne Standgenehmigung angetroffen werden, sollen „mit Amtshilfe der Polizei sofort entfernt“ werden.
Frauke Langguth
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