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Gauweiler droht mit Polizeiaufgabengesetz

■ Ab heute sind in Bayern 14 Tage Polizeihaft für „Störer“ möglich / Demo in Aichach ist für Gauweiler erster Testfall

München (taz) - Heute tritt in Bayern das umstrittene Polizeiaufgabengesetz (PAG) in Kraft. Es sieht eine 14tägige Polizeihaft für „Störer“ vor und soll vor allem dazu dienen, diese bereits im Vorfeld hinter Gittern verschwinden zu lassen.

Der abgehalfterte Hardliner aus dem bayerischen Innenministerium Peter Gauweiler drohte bereits mit seiner Anwendung. Am Rande einer Veranstaltung im Landratsamt Aichach referierte er dort über Verkehrsprobleme, verkündete dabei aber auch unter anderem: „Wir werden in der nächsten Zeit in ihrer Stadt Gelegenheit haben, die Wirkung (des neuen Gesetzes) zu sehen.“ Und weiter: „Sie würden kein Verständnis haben, wenn Leute mit Mollotowcocktails und Stahlschleudern nach Aichach unterwegs sind und die Polizei sie nicht aufhalten könnte“. Gauweiler spielte damit auf die für morgen vorgesehene Kundgebung für die RAF-Häftlinge vor der Aichacher Justizvollzugsanstalt an, zu der rund 200 Demonstranten erwartet werden.

Das Münchner Hungerstreikbüro sowie die MÜnchner Grünen protestierten gegen diese Hetzkampagne. Die Kundgebung wurde zwar genehmigt, die Auflagen sind jedoch so weitreichend, daß die Veranstalter dagegen klagten. So wurde vom Landratsamt gefordert, daß die Versammlungsleitung jede Nachfolgeveranstaltung unterbinden müsse. Außerdem müsse sie jederzeit für die Polizei ansprechbar sein und sich melden. Nach Ansicht der Veranstalter würde damit die Versammlungsleitung zum Hilfspolizisten degradiert. Ein Infostand zum selben Thema in der Stadt wurde von vornherein verboten.

Bereits wenige Monate nach Bekanntwerden der Pläne zum PAG formierte sich in Bayern ein breites „Aktionsbündnis“ gegen das CSU-Vorhaben. Alles, was in Bayern links von der CSU steht schloß sich zusammen, um diese Aushöhlung der Grundrechte zu verhindern. Doch die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag setzte die Gesetzesänderung am 14.3.88 im Landtag durch. Der grüne Abgeordnete, Hartmut Bäumer, bezeichnete den „Unterbindungsgewahrsam“, wie die bayerische Polizeihaft in der Amtssprache beschönigend genannt wird, als „Gesinnungsgewahrsam“. Nach dem im Katalog des Gesetzes aufgeführten Beispielen droht die „Verdachtshaft“ auch jenen, deren „Begleitperson Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände“ mitführt. In Polizeihaft genommen werden darf demnach jeder, der „in der Vergangenheit bereits mehrfach als Störer aufgefallen ist“.

Luitgart Koch

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